EU-Kommissarin stellt sich Parlament Ashton auf dem Kandidatengrill

Stand: 02.12.2009 12:52 Uhr

Sie soll Europas erste Außenministerin sein, hat aber bisher weder international noch als Leiterin einer großen Behörde brilliert. Deshalb hat das EU-Parlament heute viele Fragen an Catherine Ashton. Zumindest das grobe Leitbild ihrer Politik soll sie beschreiben - auch wenn im Januar noch ein zweites Kandidatengrillen ansteht.

Von Katrin Brand, WDR-Hörfunkstudio Brüssel

Wie jeder echte Oscar-Preisträger hatte auch Lady Catherine Ashton vorige Woche nichts vorbereitet: "Es ist ein Zeichen meiner Überraschung, dass ich keine schriftliche Rede habe", meinte die 53-jährige in ihrer ersten Pressekonferenz, "aber mir sind noch nie die Worte ausgegangen, und heute Abend wird da keine Ausnahme sein." Ohne überhaupt ernsthaft als Kandidatin genannt worden zu sein, war die Baroness aus Britannien auf einmal Außenministerin und Vizepräsidentin der EU-Kommission geworden.

An Qualifikationen hat sie für beide Ämter wenig zu bieten. Weder hat Ashton je ein Ministerium oder eine große Behörde geleitet, noch war sie je in der internationalen Politik tätig. Ihre Amtszeit als Handelskommissarin der EU erstreckte sich auf ein Jahr. Davor war sie Vorsitzende des britischen Oberhauses und Staatssekretärin im Justizministerium.

Entsprechend skeptisch sind die Abgeordneten des Europaparlamentes. Skeptisch, aber nicht feindselig: "Das Parlament ist nicht gegen Frau Ashton", sagt Alexander Graf Lambsdorff von der FDP, "das Parlament wird Frau Ashton wie jeder anderen Kandidatin, die für die Kommission benannt wird, eine faire Chance geben." Und zwar heute schon, wenn Lady Ashton vom Auswärtigen Ausschuss befragt wird.

Doppel-Anhörung wegen Doppelhut

Grund für diese Sonderanhörung ist ihr sogenannter Doppelhut: Als Außenministerin ist sie von den Regierungschefs ernannt worden, als stellvertretende Chefin der EU-Kommission muss sie vom Parlament gewählt werden - wie alle anderen Kommissare auch. Doch das wird frühestens Ende Januar sein. Damit Ashton nicht in der Luft hängt, versucht das Parlament mit dieser Mini-Anhörung nun einen Kompromiss. "Sie dient der Legitimierung für die Übergangszeit", sagt Lambsdorff. Im Januar, wenn alle Kommissarskandidaten angehört werden, müsse sie sich noch einmal in voller Länge den Abgeordneten stellen "und dann auch mit einer Legitimierung für die volle Amtszeit".

EU-Sondergipfel

Der ständige Ratspräsident Herman Van Rompuy (l.), Außenministerin Catherine Ashton und Kommissionchef José Manuel Barroso (r.) bilden künftig das Spitzentrio der EU.

Wo soll die Reise hingehen?

Die Abgeordneten wollen heute noch keine Details von Ashton wissen, wohl aber grobe Linien. Wie stellt sie sich den künftigen Auswärtigen Dienst der EU vor? Diesen aufzubauen wird Ashtons erste und wichtigste Aufgabe sein. Wo in der Welt soll die EU vertreten sein? Wie viele Diplomaten werden gebraucht? Wie soll dieses diplomatische Corps einen eigenen Geist entwickeln? Und wie wird der Dienst ins Gefüge der EU eingepasst?

Dass Ashton bei der Anhörung durchfällt, gilt als ausgeschlossen. Und genau deshalb hält Markus Ferber die ganze Veranstaltung für völlig unsinnig: "Es kann hier keinen Freifahrtsschein geben“, sagt der CSU-Mann, "die Kommission kann nur in ihrer Gesamtheit bestätigt oder abgelehnt werden." Doch solche Bedenken zählen im Moment wenig. Kommissionschef José Manuel Barroso ist ohnehin der Auffassung, dass seine neue Kollegin seit gestern schon im Amt ist - so stehe es nun mal im Vertrag von Lissabon.

Cathy Ashton, der Frau, der nie die Worte ausgehen, wirkt, als sei ihr dieser Kleinkrieg relativ egal. Dass es qualifiziertere Bewerber gegeben hätte, dürfte ihr bewusst sein. Und dass ihre Wahl das Ergebnis eines politischen Schachzuges ihres Ex-Chefs Gordon Brown ist, auch das ist ihr klar. Und so kann sie nur um Fairness bitten: "Beurteilen Sie mich nach dem, was ich tue und Sie werden erfreut und stolz auf mich sein."