Symbol des Messenger-Dienstes Telegram

Messengerdienst Gericht sperrt Telegram in Brasilien

Stand: 19.03.2022 11:51 Uhr

Brasiliens Oberster Gerichtshof hat die landesweite Sperrung von Telegram angeordnet. Der Messengerdienst habe sich wiederholt Anordnungen widersetzt. Die Entscheidung könnte den Wahlkampf von Präsident Bolsonaro ausbremsen.

In Brasilien hat der Oberste Gerichtshof eine landesweite Suspendierung des Onlinedienstes Telegram verhängt. Das Unternehmen habe sich wiederholt richterlichen Anordnungen widersetzt, Benutzerkonten mit Falschnachrichten zu sperren, hieß es im Gerichtsbeschluss. Auch habe Telegram nicht die Gesetze des Landes eingehalten. Das Unternehmen habe es zudem anders als seine Wettbewerber unterlassen, einen Rechtsvertreter in Brasilien zu benennen.

Richter Alexandre der Moraes verfügte, innerhalb von 24 Stunden die Sperrung der Nachrichtenapp umzusetzen. Er gab Apple, Google und brasilianischen Telefonunternehmen fünf Tage Zeit, Telegram auf ihren Plattformen zu blockieren. Freigeschaltet werden soll Telegram wieder, wenn die ausstehenden gerichtlichen Anordnungen erfüllt und eine Reihe von Geldstrafen bezahlt sind, sowie ein Landesrepräsentant von Telegram dem Gericht vorgestellt wurde.

Bolsonaro will weitere Amtszeit

Der Gründer und CEO von Telegram, Pavel Durov, entschuldigte sich für die "Nachlässigkeit" des Unternehmens und bat das Gericht um eine Aufschiebung der Suspendierung. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro sagte, die Entscheidung sei "unzulässig". Moraes hätte eine Entscheidungen gegen die Rede- und Meinungsfreiheit getroffen.

Der rechtsgerichtete Staatschef Bolsonaro, seine Söhne, Minister und Berater greifen verstärkt auf Telegram zurück, um ihre politischen Botschaften unters Volk zu bringen - insbesondere, seitdem Konkurrent WhatsApp seine Richtlinien für das Teilen von Informationen geändert hat. Telegram ist auf 53 Prozent der Mobiltelefone in Brasilien installiert. Eine Telegram-Sperre würde die Kommunikation Bolsonaros mit seiner Anhängerschaft erschweren. Bolsonaro will sich bei der Wahl im Oktober dieses Jahres eine weitere Amtszeit sichern.

Ermittlungen gegen Blogger

Anlass der Strafe des Obersten Gerichtshof gegen Telegram sind mehrere Anordnungen, die das Unternehmen bisher nicht befolgte. Die Behörden hatten Telegram aufgefordert, die Profile eines Bloggers zu löschen, der Bolsonaro nahe steht. Er wird der Verbreitung von Falschinformationen beschuldigt. Im Oktober 2021 wurde ein Haftbefehl gegen den Blogger erlassen, der sich nun in den USA befindet und weiterhin auf Telegram aktiv ist.

Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hatte auch eine Untersuchung angeordnet, um Vorwürfe aufzuklären, wonach die Regierung Bolsonaro offizielle Kommunikationskanäle zur Verbreitung von Falschinformationen nutzte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in den Nachrichten am 19. März 2022 um 12:00 Uhr.