Habeck und Aiwanger Eine ungewöhnliche Brieffreundschaft
Sehr oft schreibt Bayerns Wirtschaftsminister einen Brief an seinen Kollegen im Bundeskabinett. Der ungewöhnliche Briefwechsel zwischen Aiwanger und Habeck liegt nun dem ARD-Hauptstadtstudio vor.
Robert Habeck muss etwas schmunzeln. "Also, dass Hubert Aiwanger mir täglich einen Brief schreibt, das kann ich bestätigen", sagte der Wirtschaftsminister vor einigen Wochen auf Nachfrage aus dem ARD-Hauptstadtstudio. "Es gibt, glaube ich, keinen Minister, der mit seinen Anliegen das Ministerium so beschäftigt hat wie Hubert Aiwanger."
Der ungewöhnliche Briefwechsel zwischen dem bayerischen und dem Bundeswirtschaftsminister liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Klar wird: Aiwanger schickte in den vergangenen Monaten zwar nicht wirklich tagtäglich, aber doch häufig seine Anliegen nach Berlin. "Ich gebe die Hoffnung nicht auf, mit meinen Briefen an Habeck noch etwas zu retten", schrieb der Freie-Wähler-Chef auf X.
Freundliche Briefe mit "herzlichen Bitten"
Für gewöhnlich lässt Aiwanger kein gutes Haar an den "grünen Ideologen". In bester Bierzelt-Manier unterstellt er Habeck schon mal "Realitätsverlust". Die Grünen müssten laut Aiwanger sowieso schnellstmöglich raus aus der Bundesregierung.
Die Aiwanger-Briefe sind hingegen deutlich freundlicher formuliert. Mal schickt Aiwanger eine "herzliche Bitte", sich für die rasche Umsetzung einer europäischen Wasserstoff-Pipeline einzusetzen, ein andermal schlägt er ein Videogespräch über Klimaschutzverträge vor. Außerdem weist Aiwanger auf zentrale Anliegen der bayerischen Papierindustrie hin, oder er macht sich für ein Unternehmen stark.
In einem Brief betont er die "Vorbild"-Rolle Bayerns bei der Solarenergie und schlägt Formulierungen für die "Anpassung" eines Gesetzes vor. Oder er weist den Bundesminister auf ein Thema hin, "das möglicherweise noch nicht in seinem vollen Ausmaß erkannt worden ist": die drohende Knappheit an Stahlschrott. Gelegentlich ist der Ton auch ein bisschen forscher: Dann lässt der bayerische Minister den Bundeskollegen wissen, was er für "dringend erforderlich" hält.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger versäumt es nicht, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auch persönliche Grüße zu senden.
"Sehr herzliche" Glückwünsche zum Geburtstag
Bei allen politischen Differenzen - Aiwanger versäumt es nicht, dem Grünen-Politiker "sehr herzlich" zum 55. Geburtstag zu gratulieren. "Wir teilen die Überzeugung, dass Wasserstoff ein zentraler Baustein für die nachhaltige und erfolgreiche Zukunft unseres Landes ist", schreibt der Niederbayer Anfang September in seinem Glückwunschschreiben.
"Sehr gefreut" habe ihn ein gemeinsamer Wasserstoff-Termin in Erlangen. "Ich hoffe hier weiter auf Ihre Unterstützung und setze auf unsere Zusammenarbeit." Der Brief endet mit den Worten: "Für Ihre Arbeit wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg sowie persönlich alles Gute und vor allem Gesundheit."
Manchmal schreibt Habeck zurück
Insgesamt passen Aiwangers Briefe im Ton nicht wirklich zu seinen öffentlichen Äußerungen. Das bemerkt auch Habeck. Denn wenn Aiwanger rede, denke man ja manchmal, Bayern sei "eine Insel, die mit Deutschland nichts zu tun hat".
Nicht auf jeden Brief bekam Aiwanger eine Reaktion, aber zumindest auf mehrere. Die Antworten an den "sehr geehrten Herrn Staatsminister" sind höflich im Ton, in der Sache aber zuweilen hart.
So sieht Habeck keinen Grund für Aiwangers Forderung nach einer besseren Förderung von Holzheizungen, dankt dem Bayern aber "ausdrücklich" für sein Engagement für den Klimaschutz. Zu den Wasserstoff-Pipelines schreibt der Grünen-Politiker, sein Haus treibe den Ausbau bereits intensiv voran.
"Natürlich haben die Briefe was gebracht"
In München zeigt man sich vom Erfolg der Aiwanger-Schreiben überzeugt: "Natürlich haben die Briefe was gebracht", teilt ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums dem Bayerischen Rundfunk mit. Habecks Haus habe nach Aiwanger-Vorstößen "immer wieder mal eingelenkt".
Dem Vernehmen nach hat der Schreib-Eifer des Freie-Wähler-Politikers mittlerweile etwas nachgelassen. Aiwangers Sprecher versichert aber: Sollte es nötig sein, werde der Minister sich erneut an Habeck wenden.