
Kongress der türkischen Opposition "Weder Recht noch Gerechtigkeit"
Stand: 26.08.2017 17:51 Uhr
Der "Marsch der Gerechtigkeit" im Juli fand viel Beachtung. Daran will der türkische Oppositionschef mit einem "Gerechtigkeitskongress" anknüpfen. Der findet vier Tage lang an einem symbolträchtigen Ort statt. Zum Auftakt gab es scharfe Kritik an Präsident Erdogan.
Zum Beginn eines mehrtägigen überparteilichen "Gerechtigkeitskongresses" hat der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu mehr Demokratie in seinem Land gefordert. Vor mehr als 10.000 Teilnehmern sagte er, es gebe "weder Recht noch Gerechtigkeit in diesem Land". Kilicdaroglu ist Chef der Republikanischen Volkspartei (CHP), der größten Oppositionspartei im türkischen Parlament.
"Es ist meine Aufgabe, mich gegen die Tyrannen vor die Unschuldigen zu stellen", sagte Kilicdaroglu. Es gebe in der Türkei nicht "nur eine Person, sondern 80 Millionen, die nach Gerechtigkeit dürsten".
CHP-Gerechtigkeitskongress in der Türkei
tagesschau 17:00 Uhr, 26.08.2017, Oliver Mayer-Rüth, ARD Istanbul
Wahl des Ortes als Bekenntnis zu Atatürk
Der viertägige Kongress seiner Partei CHP ist ein Novum in der Geschichte des Landes. Die Veranstaltung findet bei Canakkale im Westen der Türkei statt. Dieser Ort ist besonders symbolträchtig. Die Gegend war im Ersten Weltkrieg Schauplatz blutiger Schlachten zwischen dem Osmanischen Reich und den westlichen Invasionstruppen. In den monatelangen Kämpfen gelang es den osmanischen Truppen unter General Mustafa Kemal Atatürk im April 1915, die Alliierten zum Rückzug zu zwingen.
Atatürk gründete acht Jahre später die Türkische Republik. Mit der Wahl von Canakkale betont Kilicdaroglu die Position der CHP als Erbin Atatürks. Wie bereits bei seinem "Marsch für Gerechtigkeit", der ihm im Juli viel Aufmerksamkeit einbrachte, stellt Kilicdaroglu das Thema Gerechtigkeit ins Zentrum des Kongresses.
"Diese Tatsachen werden wir nicht vergessen"
Der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan warf der Oppositionsführer "Rechtlosigkeit" vor und beschuldigte sie, die Justiz zu beeinflussen. "Tausende unschuldige Menschen sind zu Opfern geworden. Tausende Akademiker verloren ihre Jobs. Die Gefängnisse sind voller Journalisten. Diese Tatsachen werden wir nicht vergessen."
An dem "Gerechtigkeitskongress" sollen auch Vertreter anderer Oppositionsparteien teilnehmen. Präsident Erdogan will zur selben Zeit in der östlichen Provinz Mus an den Feierlichkeiten zum Sieg der Türken in der Schlacht von Malazgirt teilnehmen. Die Türken hatten dem byzantinischen Kaiser Diogenes bei der Schlacht im Jahr 1071 eine schwere Niederlage beigefügt. Der Sieg wird in der Türkei als Schlüsselereignis bei der Besiedlung Anatoliens durch die Türken gefeiert.
Gerechtigkeitskongress der türkischen Opposition
Christian Buttkereit, ARD Istanbul
26.08.2017 20:36 Uhr
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