Susanne Wiegand
hintergrund

"Wichtiger Schritt in die Zukunft" Susanne Wiegand bringt Renk zurück an die Börse

Stand: 07.02.2024 14:29 Uhr

Über ein Jahr lang hat Susanne Wiegand versucht, den Getriebehersteller Renk an die Börse zu bringen. Doch Investoren winkten ab - zunächst. Heute erreicht die Vorstandschefin dieses Ziel.

Von Antje Erhard, ARD-Finanzredaktion und Volker Hirth, ARD-Finanzredaktion

15 Sekunden lang läutet Susanne Wiegand die schwere Börsenglocke auf dem Frankfurter Parkett, strahlt in die Menge. Gerade war der erste Kurs für die Renk-Aktie aufgerufen worden: 17,50 Euro. Ein Plus von 17 Prozent. Die "Renkler", wie Wiegand die Mitarbeiter nennt, jubeln.

Susanne Wiegand, Chefin Renk-Group (CEO), zum positiven Börsengang der Renk-Group

tagesschau24, 07.02.2024 09:00 Uhr

"Nun hoffentlich für immer"

Mehr als ein Jahr hat Renk unter Wiegands Führung auf diesen Moment hingearbeitet. Der Handelssaal der Börse in Frankfurt ist in Orange und Blau getaucht, die Farben von Renk. Das Parkett ist - wie bei großen Börsengängen üblich - ordentlich gefüllt. Zum zweiten Mal gehe Renk an die Börse, blickt Thomas Book, Vorsitzender der Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse zurück - "nun hoffentlich für immer".

Susanne Wiegand lächelt entspannt in die Kameras der Journalisten, scheint die Größe des Moments zu genießen: "Ich freue mich außerordentlich, mit Ihnen heute einen ganz besonderen Anlass zu feiern", sagte sie in ihrer Rede. Sie sei "total happy", wird sie später im Interview in der Sendung Update Wirtschaft auf tagesschau24 sagen. In ihrer Rede formuliert sie zunächst gewohnt sachlich: Der Börsengang sei nicht nur "ein historischer Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens", sondern auch "ein wichtiger Schritt in die Zukunft".

Selbstbewusst in die Zukunft

Die Freude der Renk-Chefin mischt sich unverkennbar mit Selbstbewusstsein, und das formuliert Susanne Wiegand auch ganz klar. "Wir blicken selbstbewusst und mit Zuversicht in die Zukunft." Renk leiste "einen systemrelevanten Beitrag zu unserer Sicherheit und zum Erhalt unserer Demokratie und Freiheit". Mit dem Börsengang beginne "ein neues Kapitel für Renk". "Zeitenwende und Energiewende geben uns zusätzlich Rückenwind."

Seit gut zwei Jahren steht Wiegand an der Spitze des Renk-Vorstandes. In der Industrie ist sie seit Jahren keine Unbekannte: Bevor sie zu Renk kam, war sie Bereichsvorstand beim Panzer-Hersteller Rheinmetall Defence, und zuvor hatte sie bei Thyssenkrupp Marine Systems gearbeitet: an U-Boot-Lösungen.

"Alien in der Branche"

Im Gespräch mit tagesschau.de nennt sie sich selbst dennoch einen "Alien in der Branche". Aber was fasziniert sie selbst am Rüstungszweig? "Es ist eine Kombination von politischer Arbeit, strategischer Arbeit (...) und den Technologien". Für diese Technologien interessiere sie sich, seit sie vor über 20 Jahren im Schiffbau damit in Berührung gekommen ist, obwohl sie es "nie studiert" habe.

Finanzinvestoren haben ihren eigenen Plan: Ein Ziel ausgeben, ein Unternehmen anvisieren, dieses Unternehmen möglichst günstig kaufen, eine Wachstumsstory formulieren und mit einer meist neuen Führungsriege möglichst zügig und effizient umsetzen. So kam Susanne Wiegand zu Renk. Seit 2021 arbeitet die Betriebswirtin an einer Wachstumsstory, die vor allem aus dem Ausland kommt - hauptsächlich aus den USA. Mehr als 70 Armeen weltweit nutzen Renk-Systeme.

Zurück in der Mitte der Gesellschaft

Ist Rüstung also wieder gesellschaftsfähig? Deutschland habe da noch einen Weg zu gehen, sagt Wiegand im Update Wirtschaft. Aber: "Mit dem Überfall der Hamas in Israel gab es in Deutschland nach meiner Wahrnehmung nochmal einen Ruck, dass wir nicht mehr in der Schmuddelecke sind." Vielmehr stehe die Branche wieder in der Mitte der Gesellschaft und werde akzeptiert "mit dem, was wir tun". Im angelsächischen Raum Investoren zu finden war hingegen auch zuvor schon "gar nicht schwer".

Im Gespräch mit tagesschau.de ergänzt sie: Es gehe nie um Angriff, es gehe immer um Verteidigung. "Ich bin zutiefst überzeugt, dass es nicht nur liebe, brave, freundliche Menschen auf der Welt gibt." Sie verstehe aber, wenn Anleger und Investoren nicht in Rüstung investieren wollen: "Wir wollen keinen bekehren."

*Bodenständig, direkt, ehrlich"

Über sich selbst zu sprechen, findet Susanne Wiegand nach eigenem Bekunden "schwierig". Doch gegenüber tagesschau.de verrät sie: "Ich bin schrecklich bodenständig und undiplomatisch und direkt. Menschen, die mich kennen, würden wahrscheinlich sagen, 'die mag manchmal ruppig im Ton sein, aber sie meint es gar nicht so, bei der weiß man, wo man dran ist, sie ist immer ehrlich und gerade heraus'. Und damit bin ich mein Leben lang gut gefahren."

Beharrlich und zielorientiert ist sie, möchte man selbst noch ergänzen. Denn dass der erste Börsengang im Herbst scheiterte, "das war nicht schön". Und: "Wir haben den schlechtesten Tag der schlechtesten Woche erwischt." Aber: "Wir haben einfach weitergekämpft." Zum Börsengang heute sagt sie auf der Bühne unter der DAX-Tafel an der Börse: "Wir haben Großes vor." Man glaubt es ihr sofort.