Kampf gegen Pandemie-Folgen Weiteres Hilfspaket für Mittelstand geplant

Stand: 03.04.2020 19:33 Uhr

Die Lage in der Corona-Krise spitzt sich für viele Firmen von Tag zu Tag zu. Die Regierung will eine Pleitewelle verhindern und weitere Hilfen nachlegen - Es geht vor allem um den Mittelstand. Die EU hat den Plänen bereits zugestimmt.

Die Bundesregierung plant in der Corona-Krise ein zusätzliches Hilfsprogramm, um im Mittelstand eine Pleitewelle zu verhindern. Dabei geht es um Verbesserungen bei Laufzeiten und Haftungsfreistellung für Kredite.

Demnach sei im Gespräch, Kredite für mittelständische Firmen für eine begrenzte Zeit mit einer einhundertprozentigen Staatshaftung abzusichern. Die Höchstgrenze könnte bei 500.000 Euro pro Firma liegen. Der Staat könnte dafür Garantien in einem Gesamtvolumen von bis zu 300 Milliarden Euro übernehmen. Zuvor hatte der "Tagesspiegel" darüber berichtet. In Kreisen des Wirtschaftsministeriums hieß es, man arbeite mit Hochdruck an Verbesserungen bei den Kreditinstrumenten: "Wir versuchen hier bestmögliche Verbesserungen zu erreichen."

Das zusätzliche Programm vom Wirtschafts- sowie Finanzministerium könnte bereits am Wochenende festgezurrt werden. Die EU-Kommission machte noch am Freitagabend den Weg frei für das geplante Programm. Die Kommission genehmigte Programme, bei denen Mitgliedstaaten beispielsweise zinslose Kredite vergeben oder eine 100-prozentige Risikohaftung übernehmen können. Die Höchstgrenze pro Firma liegt bei 800 000 Euro.

Klage über aufwendige Kreditprüfungen

Aus der Wirtschaft waren wiederholt Klagen laut geworden, Gelder aus dem laufenden KfW-Sonderkreditprogramm kämen bei Unternehmen nicht an. Kreditprüfungen der Hausbanken seien zu aufwendig und Kredite würden nicht vergeben, weil Firmen in der derzeitigen Krise nicht kreditwürdig seien. Seit dem 23. März können Firmen Mittel aus dem KfW-Sonderprogramm bei ihrer Hausbank beantragen. Die staatliche Förderbank übernimmt den Großteil des Risikos für den Fall, dass Unternehmer das Geld nicht zurückzahlen können. Bei Betriebsmittelkrediten und Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen trägt die KfW 90 Prozent des Kreditrisikos. Für Kredite bis drei Millionen Euro pro Unternehmen verzichtet die KfW auf eine eigene Risikoprüfung. Bei Summen bis zehn Millionen Euro gibt es eine vereinfachte Prüfung.

Wirtschaftsverbände hatten gefordert, die Bundesregierung solle die Hilfskredite für eine begrenzte Zeit zu 100 Prozent absichern.

Drastischer Wegfall von Aufträgen und Umsätzen

In der Corona-Krise mussten viele Geschäfte schließen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Dazu kommen drastische Einschnitte im öffentlichen Leben. Aufträge und Umsätze sind in vielen Branchen weggebrochen.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte der dpa: "Es ist jetzt allerhöchste Zeit, dass die Mittelstandslücke im Schutzschild-Paket geschlossen wird." Schweitzer begrüßte, dass die Bundesregierung unkompliziert Kredite bis 500.000 Euro vergeben wolle. "Denn viele Unternehmen werden die aktuell schwierige Pandemie-Phase nur überstehen, wenn es für sie solche speziellen Corona-Kredite mit 100 Prozent Staatsgarantie gibt." Es bleibe nicht viel Zeit, um eine "beispiellose Pleitewelle" im Mittelstand zu verhindern.

Jeder fünfte Betrieb fürchtet Pleite

Laut einer DIHK-Blitzumfrage sieht sich fast jeder fünfte Betrieb bundesweit von einer Pleite bedroht. "Darunter sind Zehntausende bislang kerngesunde mittelständische Unternehmen, die eigentlich nichts so schnell umwirft", sagte Schweitzer. "Wenn diese Unternehmer sich nun bei ihrer Bank oder Sparkasse nach einer Überbrückungsfinanzierung erkundigen, machen viele von ihnen ernüchternde Erfahrungen. Denn niemand leiht einer Firma Geld, die nicht erklären kann, wann und unter welchen Umständen sie ihre Geschäfte wieder aufnehmen kann." Daran änderten auch die guten und leistungsfähigen Kreditprogramme der KfW wenig. "Die betroffenen Betriebe müssen schnell an frisches Geld kommen können, um ihre akuten Liquiditätsengpässe zu überwinden, so Schweitzer.

Der Mittelstand hatte wiederholt eine "Förderlücke" beklagt. Die Politik hatte bisher verschiedene Hilfsprogramme beschlossen. Ende März hatte der Bundestag bereits einem gigantischen Nachtragshaushalt zugestimmt. Er sieht 156 Milliarden Euro Neuverschuldung sowie Garantien in Höhe von 600 Milliarden Euro vor. Neben dem Kreditsonderprogramm der staatlichen Förderbank KfW geht es um Steuerstundungen, ein erweitertes Kurzarbeitergeld sowie ein milliardenschweres Paket mit direkten Zuschüssen für kleine Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten - die häufig keine Kredite bekommen oder über keine Sicherheiten verfügen.

Sorge vor Einbruch der Konjunktur

Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit einem Einbruch der Konjunktur - und damit nach zehn Aufschwungjahren erstmals wieder mit einer Rezession. Die Einschnitte würden mindestens so stark, wenn nicht stärker als im Krisenjahr 2009, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Damals war das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 Prozent gesunken. Bereits jetzt verzeichnen Bund und Länder einen Ansturm auf Soforthilfen. Erste Finanzspritzen in Milliardenhöhe wurden ausgezahlt. Die EU-Kommission will sich für ihr Kurzarbeitmodell weitere 100 Milliarden Euro am Markt leihen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. April 2020 um 16:00 Uhr.