Mögliche Folgen des EU-Austritts Was der Brexit für Verbraucher bedeutet

Stand: 25.06.2016 13:14 Uhr

Wird Urlaub in Großbritannien jetzt billiger? Und wieviel kosten künftig schottischer Whisky und englisches Weingummi im heimischen Supermarkt? tagesschau.de gibt einen Überblick zu möglichen Brexit-Folgen für Handel, Geldanlagen und Urlaub.

Noch hat Großbritannien offiziell keinen Antrag auf einen EU-Ausstieg gestellt, doch nach dem Brexit-Votum sind einige Veränderungen absehbar - auch für den Verbraucher.

Britische Produkte

Dabei hängt vieles am Kurs des britischen Pfunds. Experten gehen davon aus, dass dieser auch nach dem Absturz am Freitag schwach bleiben wird. Damit würden britische Produkte hierzulande preiswerter - zumindest zeitweise. Und der Handel zwischen Deutschland und Großbritannien ist rege: 2015 wurden laut Statistischem Bundesamt insgesamt Waren im Wert von 38,3 Milliarden Euro eingeführt - Großbritannien ist damit auf Platz neun der Liste der wichtigsten Importeure. Zu den beliebtesten Produkten gehören Weingummi, Orangenmarmelade und schottischer Whisky. Vor allem aber exportieren die Briten Autos und Autoteile nach Deutschland.

Ob die Preise aber dauerhaft niedrig bleiben, muss man noch abwarten. Denn mit dem Nein zur EU sind auch wieder Zölle und andere Handelsabgaben möglich. Sie könnten die Preise steigen lassen.

Absatz und Arbeitsplätze

Großbritannien ist auch einer der wichtigsten Abnehmer für deutsche Produkte. Im vergangenen Jahr war die Insel drittwichtigster Exportmarkt für deutsche Unternehmen. Eine mögliche Abwertung des Pfunds und eine höhere Inflation könnten die Preise für diese Waren dort nach oben treiben und den Absatz womöglich senken.

Insgesamt drohen den Exporteuren laut einer Studie des Kreditversicherers Euler Hermes bis 2019 Einbußen in Höhe von 6,8 Milliarden Euro. "Damit stehen auch in Deutschland Arbeitsplätze unter Vorbehalt", sagt Volker Treier, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Der Verband schätzt, dass etwa 750.000 Arbeitsplätze hierzulande von den Ausfuhren auf die Insel abhängen.

Ein EU-Austritt der Briten könnte zudem die Steuerzahler in den Mitgliedsstaaten belasten. Das glauben zumindest die Präsidenten des europäischen und des deutschen Steuerzahlerbundes, Rolf von Hohenhau und Reiner Holznagel. Alle anderen EU-Mitgliedsstaaten müssten nun ausgleichen, was Großbritannien als bislang drittgrößter Nettozahler beigetragen habe. "Wir Steuerzahler in Deutschland dürfen also mit Zusatzbelastungen rechnen", erklärte Holznagel. Zudem seien nach dem Brexit-Votum negative Folgen für die deutsche Konjunktur und damit für die Steuereinnahmen zu erwarten.

Anlagen und Finanzen

Laut dem Bundesverband der Verbraucherzentralen sind die langfristigen Folgen eines Brexit überhaupt nicht absehbar - egal ob es um die Entwicklung des Euros oder der Inflation gehe. Gold und Immobilien seien nur vermeintlich sichere Häfen. Um Risiken zu minimieren, ist es den Verbraucherschützern zufolge sinnvoller, sein Geld auf verschiedene Produkte zu verteilen und regelmäßig zu überprüfen.

Für Sparer, die ihr Geld bei einer britischen Bank angelegt haben, ändert sich zunächst auch nichts, wie die Verbraucherzentrale versichert: Die Einlagensicherung bestehe weiterhin bei 75.000 Pfund. Das entspricht in etwa dem europäischen Standard von 100.000 Euro. Im Auge behalten sollten Sparer aber die langfristige Entwicklung des Wechselkurses: Ein Fallen des Pfundes lässt die Einlagensicherung im Vergleich zum Euro abschmelzen. Stiftung Warentest rät deswegen, einen großzügigen Puffer zu der Grenze von 100.000 Euro einzurichten.

Reisen

Für Reisende aus Euro-Ländern ist der Brexit zunächst eine gute Nachricht: Mit dem sinkenden Kurs des Pfunds dürfte ein Urlaub in Großbritannien preiswerter werden. Daneben wird sich aber wohl wenig ändern. Wer auf die Insel reiste, musste auch bisher seinen Personalausweis oder Reisepass vorzeigen, da Großbritannien nicht Mitglied im Schengen-Raum ist.

Allerdings könnte der Brexit Folgen für Studierende haben. So ist die Zukunft des europäischen Austauschprogramms Erasmus mit Großbritannien fraglich. Großbritannien gehört mit bis zu 3140 deutschen Austausch-Studierenden pro Jahr zu den attraktivsten Erasmus-Zielen in Europa. "Ob es künftig noch möglich ist, ein Erasmus-Studium oder Praktikum in Großbritannien zu absolvieren, ist Gegenstand der anstehenden Verhandlungen", erklärte der Deutsche Akademische Austauschdienst. Die Teilnahme eines Landes am Programm ist derzeit aber nicht an die Mitgliedschaft in der EU gekoppelt.

Studenten

Großbritannien ist bei Studenten beliebt: Insgesamt waren 2013 laut Statistischem Bundesamt 15.700 Deutsche an einer britischen Hochschule eingeschrieben. Nur in Österreich und den Niederlanden waren es mehr. Den EU-Studenten drohen nun höhere Studiengebühren auf der Insel. Bisher müssen sie den gleichen Satz wie britische Studenten und nicht den wesentlich höheren von Nicht-EU-Ausländern zahlen. Dieser Sonderstatus steht in Frage.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 24. Juni 2016 um 22:30 Uhr.