Ayatollah Ali Khamenei

Der ewig Mächtige des Iran Konflikte an mehreren Fronten für Khamenei

Stand: 17.04.2024 08:56 Uhr

Seit 35 Jahren ist Khamenei oberster Führer des Iran. Bislang kommt an ihm im Land niemand vorbei. Neben dem eskalierenden Konflikt mit Israel steht der 85-Jährige auch vor dem Machtkampf um seine Nachfolge.

Ayatollah Ali Khamenei leitet das letzte Gebet am Ende des Ramadans. In der Imam Khomeini Moschee in Teheran jubeln ihm Tausende Menschen zu. "Wir sind gekommen aus Liebe zum Führer, Friede sei mit dem Heiligen Propheten", rufen sie.

Tatsächlich ist Khamenei so etwas wie ein iranischer Papst: In religiösen aber auch in politischen Fragen ist er die letzte Instanz im Land. Er ist geistliches Oberhaupt und damit auch oberster Führer. Und er beruft auch den Kommandeur der wichtigen Revolutionsgarde.

Revolutionsgarde als Staat im Staate

Sie unterhält eine eigene Armee, ist so etwas wie ein Staat im Staate Iran. Und der, sagt Khamenei auf einer Veranstaltung der Revolutionsgarde, sei ein "Gottesstaat" mit einer großen Zukunft. Die Verfassung des Staates sei "göttlich" und werde durch die Hände "dieser glorreichen Nation überleben". "So Gott will, wird dieser Baum seine Wurzeln vertiefen und festigen und wer sich dem entgegenstellt, wird vor Euren Augen zerstört werden." Mit "Baum" ist das Regime gemeint, das Khamenei anführt - seit 35 Jahren.

Seit einem Anschlag auf ihn 1981 kann er seinen rechten Arm nicht mehr bewegen. Auch dadurch und wegen seines hohen Alters wirkt er bei seinen Auftritten mitunter mild, nicht greis. In Wahrheit hat er über die Jahrzehnte aber nicht an Schärfe verloren.

Ein Bild von Ayatollah Ali Khamenei bei einer Regierungstreuen-Kundgebung in Teheran (Bild vom 4.11.2022).

Ayatollah Ali Khamenei ist gleichzeitig religiöses und politisches Oberhaupt im Iran.

Khamenei spielt die wirtschaftlichen Probleme herunter

Khamenei beschimpft die US-Regierung als Clowns und nennt den Westen dumm und idiotisch, weil der vom Iran erwarte, sein Rüstungsprogramm zu begrenzen. Als das Regime 2022 Demonstrationen im Land nach dem Tod Jina Mahsa Aminis blutig niederschlagen lässt, greift Khamenei nicht ein.

Im Gegenteil: Hinter den Protesten steckt für ihn eine Verschwörung ausländischer Mächte. Und die teils großen wirtschaftlichen Probleme der Menschen im eigenen Land spielt Khamenei herunter: "Ich prophezeie dem Iran eine große Zukunft."

Mitunter gebe es "Schwierigkeiten", Menschen würden hoffnungslos und "auf unerwünschte Phänomene" stoßen. "Aber die können überall auftauchen." Das habe es auch schon zu Zeiten des heiligen Propheten und davor gegeben.

Iran schoss ukrainisches Passagierflugzeug ab

An anderer Stelle ist es mit Allerweltsweisheiten nicht getan. Anfang 2020 schießt der Iran ein ukrainisches Passagierflugzeug kurz nach dem Start in Teheran ab. Alle 176 Menschen an Bord sterben.

Wenige Tage später sagt eine Nachrichtensprecherin, die Maschine sei irrtümlich für ein feindliches Flugzeug gehalten worden. Es ist Khamenei, der angeordnet hat, das öffentlich zuzugeben. Die Bitte um Entschuldigung kommt dagegen vom amtierenden Präsidenten Hassan Rouhani.

Wer könnte Khameneis Nachfolger werden?

Vor einigen Jahren ist Rouhani als möglicher Nachfolger Khameneis im Gespräch. Doch die Revolutionsgarde gewinnt weiter an Macht. Reformorientierte behaupten daraufhin, statt Rouhani solle Khamenei irgendwann dessen ältester Sohn Mojtaba nachfolgen. Favorit dürfte inzwischen jedoch der amtierende Präsident Raisi sein. Er hat die Unterstützung der Revolutionsgarde.

Spekulationen, der eskalierende Konflikt des Iran mit Israel habe auch etwas mit dem internen Machtkampf und die über kurz oder lang anstehende Frage der Nachfolge Khameneis zu tun, greifen ins Leere. Denn in der Ablehnung des erklärten Erzfeindes Israel sind sich die Mächtigen im Iran einig.

Uwe Lueb, ARD Istanbul, tagesschau, 17.04.2024 08:32 Uhr