Eine "Falcon 9"-Rakete der Firma SpaceX schießt Starlink-Satelliten ins All (Bild vom 6.05.2022).

Sicherheit im Weltraum Kriegsgefahr auch im All?

Stand: 13.05.2022 04:15 Uhr

Die Starlink-Satelliten, die US-Milliardär Musk der Ukraine zur Verfügung stellt, sind Russland ein Dorn im Auge. Experten warnen: Weltweit gehören mögliche Attacken auf Militär-Weltraumtechnik längst zum Repertoire.

US-Milliardär Elon Musk ist dafür bekannt, dass er viel, ausdauernd und oft provozierend twittert. Anfang der Woche postete er eine Nachricht, die selbst für Musks Verhältnisse aufhorchen ließ. Er hatte geschrieben: "Wenn ich unter mysteriösen Umständen sterbe, war es schön, euch kennengelernt zu haben."

Musk reagierte damit auf eine Drohung des Chefs der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin. Seit Wochen attackieren sich beide verbal. Musk hatte der Ukraine Systeme zur Nutzung seines Starlink-Satellitennetzes zur Verfügung gestellt. Dafür, so Rogosin, werde sich Musk "wie ein Erwachsener" verantworten müssen.

Daniel Voelsen von der Stiftung Wissenschaft und Politik erklärt den aggressiven russischen Ton so: "Nach allen öffentlich zugänglichen Informationen ist Russland bislang nicht in der Lage, die Kommunikation der Ukrainer über Starlink zu blockieren. Die unverhohlene Drohung von Rogosin gegenüber Musk ist wohl insofern auch Ausdruck der Frustration aufseiten der russischen Regierung."

Russische Störmanöver im Weltraum

Mit der Lieferung von Terminals kam Musk einer Bitte der Ukraine unmittelbar nach Kriegsbeginn nach und ermöglichte ihr so die Nutzung der Starlink-Konstellation. "Das ist wichtig für die Zivilbevölkerung und die öffentliche Verwaltung, mittlerweile gibt es aber auch Berichte darüber, dass auch das ukrainische Militär in einigen Fällen das System genutzt hat", erklärt Voelsen. "Hier zeigt sich ein weiteres Mal, dass diese Technologie eine zivile wie auch militärische Dimension hat."

Neben Berichten darüber, dass russische Truppen das US-Satellitennavigationssystem GPS stören sollen, hatte es bereits zu Beginn des Kriegs in der Ukraine einen Cyberangriff auf den Satelliten eines US-Unternehmens gegeben. Nun äußerte sich die EU zu dem Vorfall und verurteilte die "böswilligen Cyber-Aktivitäten der Russischen Föderation gegen die Ukraine" aufs Schärfste. In der Erklärung heißt es:

"Der Cyberangriff fand eine Stunde vor der grundlosen und ungerechtfertigten Invasion Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 statt und erleichterte somit die militärische Aggression. Dieser Cyberangriff hatte erhebliche Auswirkungen, die unterschiedslos zu Ausfällen und Störungen der Kommunikation bei mehreren staatlichen Behörden, Unternehmen und Nutzern in der Ukraine führten und von denen auch mehreren EU-Mitgliedstaaten betroffen waren."

Einrichtung von Weltraum-Kommandos

Das Beispiel Ukraine zeigt: Die fortschreitende Satellitentechnik führt nicht nur zu einer zivilen und wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums, sondern geht Hand in Hand mit militärischen Aktivitäten. Darum richten immer mehr Staaten Weltraum-Kommandos ein, um ihre Satelliteninfrastruktur zu schützen. Die Bundeswehr stellte im vergangenen Jahr ebenfalls ein eigenes Weltraumkommando in Dienst.

Mit Blick auf die aktuelle Gefahrenlage teilt ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums auf tagesschau.de-Anfrage mit: "Die aktuelle Krise zeigt, wie wichtig die Berücksichtigung der Dimension Weltraum, gleichberechtigt mit den Dimensionen Luft, Land, See und Cyberraum ist, da ersichtlich wird, dass der Weltraum als militärischer Operationsraum des Konflikts einbezogen wird."

Bedrohungsszenarien für Satelliten

Aktuell betreibt die Bundeswehr nach Ministeriumsauskunft sieben eigene Satelliten, die zu schützen sind. Die Bedrohungsszenarien sind vielfältig. Erst im November hatte Russland eine Anti-Satelliten-Rakete getestet und dabei einen eigenen, ausgedienten Satelliten zerstört. Eine Machtdemonstration, bei der viel Weltraumschrott produziert wurde. Weniger aufwändig, aber durchaus effektiv um Satelliten zu stören, sind bodengestützte Lasersysteme.

Und auch im Weltraum selbst können sich Satelliten gegenseitig stören oder sogar zerstören, erklärt Oberst Marco Manderfeld, der Chef des Stabes des Weltraumkommandos der Bundeswehr: "Man könnte einen Rammstoß mit einem anderen Satelliten durchführen. Oder es gibt Möglichkeiten, sich an andere Satelliten anzunähern, sie zu greifen und aus ihrer Bahn zu ziehen. Schwierig und technisch sehr aufwändig wäre es, wenn man aus einem Satelliten ein Projektil absetzt und versucht, einen anderen Satelliten zu treffen."

Elon Musk hat inzwischen verbal nachgelegt und an die Adresse des russischen Chefs der Weltraumbehörde getwittert: "Starlink hat den russischen Cyberkriegsstörungs- und Hacking-Versuchen bisher widerstanden, aber sie verstärken ihre Bemühungen."

Der Anti-Satelliten-Test der Russen im vergangenen November könnte bereits als eine Warnung an Musk und sein Starlink-System zu sehen sein. Die Megasatellitenkonstellation des Unternehmers mit besten Kontakten zur US-Regierung ist ein deutliches Zeichen für die US-Dominanz im All und dürfte russischen Sicherheitsinteressen widersprechen.   "Auffällig ist, dass sich der von den Russen zerstörte Satellit genau in der Höhe bewegte, die auch für die neuen Konstellationen wie Starlink genutzt werden soll. Hier sind die Hintergründe noch unklar", sagt Daniel Voelsen von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Russland habe aber gezeigt, dass es die Fähigkeit habe, Satelliten gezielt zu zerstören und damit die Nutzung ganzer Bereiche des erdnahen Weltraums zu erschweren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Nova am 07. März 2022 um 10:10 Uhr.