Ein Lkw brennt auf einer Straße in Äthipien.

Kriege und Konflikte So viele Tote wie seit 30 Jahren nicht mehr

Stand: 28.06.2023 09:15 Uhr

238.000 Menschen sind 2022 weltweit durch Konflikte gestorben - so viele wie seit 30 Jahren nicht mehr. Die meisten starben durch einen Krieg, der in Europa kaum wahrgenommen wird: der Tigray-Konflikt in Äthiopien.

Die Zahl der Todesopfer weltweit durch Konflikte ist so hoch wie seit dem Völkermord in Ruanda vor knapp 30 Jahren nicht mehr. Das geht aus dem Global Peace Index der Denkfabrik Institute for Economics and Peace (IEP) hervor.

Demnach starben im vergangenen Jahr 238.000 Menschen weltweit infolge von Kampfhandlungen. 1994 hatte der Genozid in Ruanda allein 800.000 Menschen das Leben gekostet.

100.000 Todesopfer in Äthiopien

Der Konflikt mit den meisten Opfern war bei Weitem der Tigray-Konflikt in Äthiopien. Dort kamen dem Bericht zufolge 2022 mehr als 100.000 Menschen bei Kämpfen ums Leben - mindestens doppelt so viele starben zudem durch Krankheiten und Hunger infolge der Auseinandersetzungen zwischen äthiopischen und eritreischen Regierungstruppen und den Rebellen der TPLF (Tigray People's Liberation Front).

Der Krieg wird in Europa kaum aber wahrgenommen. Das liegt laut IEP-Gründer Steve Killelea unter anderem daran, dass er aus europäischer Sicht geografisch weiter entfernt ist. Zudem habe die äthiopische Regierung die Berichterstattung durch Medien unterdrückt und den Zugang zum Internet stark eingeschränkt.

Danach folgt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Mindestens 82.000 Menschen verloren den Angaben zufolge 2022 ihr Leben. Zudem schätzen die Experten, dass 65 Prozent der ukrainischen Männer im Alter zwischen 20 und 24 Jahren entweder geflohen sind oder im Krieg getötet wurden. Insgesamt wurden mehr als 30 Prozent der ukrainischen Bevölkerung im eigenen Land oder im Ausland zu Geflüchteten.

Friedlichstes Land ist Island

Die Welt wurde dem Index zufolge 2022 zum neunten Mal in Folge weniger friedlich: In 79 Ländern verzeichneten die Experten eine Zunahme von Konflikten, unter anderem in Äthiopien, Myanmar, der Ukraine, Israel und Südafrika.

Zudem werden bewaffnete Konflikte wieder zunehmend grenzüberschreitend. 91 Länder waren demnach im vergangenen Jahr in externe Konflikte verwickelt. 2008 waren es noch 58 Staaten.

Die drei friedlichsten Länder der Welt sind dem Index zufolge Island, Dänemark und Irland. Die Schlusslichter bilden in aufsteigender Reihenfolge Afghanistan, der Jemen und Syrien. Deutschland belegt Rang 15 und hat sich damit um zwei Plätze verbessert im Vergleich zum Vorjahr. Die Schweiz liegt auf Platz zehn und Österreich nimmt den fünften Rang ein.

Deutschland wichtigster Waffenexporteur

Zudem schätzen die Experten auch die wirtschaftlichen Kosten von bewaffneten Konflikten. Diese beliefen sich im vergangenen Jahr auf 17,5 Billionen US-Dollar (etwa 16 Billionen Euro). Das entspricht 13 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts.

Bei den ökonomischen Folgen wagten die IEP-Experten auch eine Prognose für ein hypothetisches Szenario: Eine wirtschaftliche Blockade Taiwans durch China hätte doppelt so schwere Auswirkungen auf die Weltwirtschaft wie die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008. Unter anderem Deutschland wäre als wichtiger Handelspartner beider Länder davon stark betroffen, so die Einschätzung.

Die Bundesrepublik sticht in dem Bericht auch als wichtiger Waffenexporteur hervor. Drei Viertel aller globalen Waffenexporte entfallen demnach auf fünf Länder: die USA, Russland, Deutschland, Frankreich und China.

Index betrachtet 163 Länder

Im Global Peace Index bewerten die Experten des IEP das Maß an Frieden in 163 Ländern der Welt anhand von 23 qualitativen und quantitativen Indikatoren. Daraus erstellen sie eine Rangliste der Länder vom friedlichsten Land zu dem mit dem geringsten Maß an Frieden.

Zu den Indikatoren, die beim Global Peace Index betrachtet werden, gehören neben der Zahl der Toten durch interne und internationale Konflikte beispielsweise auch die Mordrate, Grad der Militarisierung, Waffenexporte, Terrorismus, politische Instabilität und die Zahl der Gefängnisinsassen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Juni 2023 um 10:00 Uhr.