Juncker empfängt Tsipras Nebulöses Treffen in Brüssel

Stand: 03.06.2015 20:53 Uhr

"Es geht ums Ganze", titelt heute das Athener Boulevardblatt "Ethnos": Angesichts der Dramatik des griechischen Schuldendramas ist das wohl nicht übertrieben. Freitag ist Zahltag, die Zeit läuft. Am Abend trafen sich Tsipras und Juncker in Brüssel - ganz privat, wie es hieß.

Sind Athen und die Gläubiger nur noch einen Atemzug vom Ziel entfernt? Die griechische Regierung verbreitet unverdrossen Optimismus. Die Geldgeber aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU sind da weniger zuversichtlich. Als sicher gilt aber, dass die Gläubiger der Rechts-Links-Regierung von Alexis Tsipras bei der Suche nach einem Kompromiss entgegengekommen sind - mal wieder. Das bestätigt auch ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause in Brüssel. Die ursprünglichen Bedingungen könne Griechenland gar nicht mehr erfüllen.

Viel Zeit für eine Einigung bleibt Athen angesichts leerer Kassen nicht mehr. Ohne weitere Hilfen könnte Griechenland schon in wenigen Tagen zahlungsunfähig sein. Allein im Juni muss Athen knapp 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. 

Fieberhaft wird derzeit verhandelt. Alle Gespräche und Telefonate, die Frankreichs Präsident François Hollande und sie selbst führten, zielten darauf ab, dass im Rahmen der vereinbarten Zeit ein Abschluss des zweiten Hilfsprogramms geschafft werde, sagte Kanzlerin Angela Merkel. "Daran wird mit Hochdruck gearbeitet."

Treffen schürt Spekulationen

Am Abend kam Tsipras nach Brüssel, auf Einladung von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Der Luxemburger begrüßte den linksgerichteten Politiker im Berlaymont-Hauptgebäude im Brüsseler Europaviertel. Es geht bei der als privat bezeichneten Zusammenkunft um die Verhandlungen Griechenlands mit seinen internationalen Geldgebern - was genau die beiden zu besprechen haben, blieb den ganzen Tag über unklar. "Hier ist überhaupt nichts transparent", sagte Brüssel-Korrespondent Krause. Die ganze Verhandlungssituation sei sehr mysteriös. Und Juncker selbst hatte sich selbst auch nur nebulös geäußert: "Ich habe noch einige Probleme zu lösen in Zusammenhang mit dem, was man den griechischen Fall nennt."

Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem kam nach Brüssel. Er sprach nach seiner Ankunft von einem "wichtigen Treffen", erwartete aber keine Einigung am Abend. Die EZB und der IWF als Griechenland-Gläubiger entsandten dagegen keine Vertreter. Eine endgültige Lösung werde es am heute Abend nicht geben, dämpfte auch der Sprecher der EU-Kommission die Erwartungen. Zunächst müssten die Institutionen von EU-Kommission, IWF und EZB wie vereinbart die griechischen Reformpläne bewerten. Anschließend würden die Euro-Finanzminister über die Freigabe von Hilfsgeldern entscheiden. Die EU-Kommission trete nach wie vor als Vermittler auf.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte zuvor umrissen, was für eine Lösung er sich wünscht: Einerseits müsse Athen in die Lage versetzt werden, wirtschaftlich auf die Füße zu kommen. Andererseits habe Draghi darauf gedrungen, dass die Finanzmärkte nicht erneut in Unruhe geraten, berichtet ARD-Korrespondent Klaus-Rainer Jasckisch nach der PK des EZB-Chefs in Frankfurt am Main.

Verhärtete Fronten

In den seit Februar laufenden Verhandlungen hatte es zuletzt zwar Fortschritte gegeben, Knackpunkte blieben aber vor allem Arbeitsmarkt- und Rentenreformen, die bisher von der griechischen Regierung abgelehnt wurden. Tsipras will in Brüssel einen neuen Reformplan erläutern. Inwieweit sich seine Vorstellungen mit denen der Gläubiger decken, ist unklar. Und die Bundesregierung machte auch deutlich, dass die Verhandlungen auf Grundlage der Vorschläge der Gläubiger geführt würden - und nicht auf denen aus Athen. Die griechische Liste werde "nicht die letzte Lösung des Problems sein", sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Jäger.

Die Fronten sind also weiter verhärtet. Tsipras forderte vor seiner Abreise aus Athen von den internationalen Geldgebern mehr Realismus bei den Verhandlungen. Dagegen sehen die Gläubiger Griechenland am Zug.