Ein Polizeiauto im Einsatz.
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Angriff bei SS-Gedenkmarsch Gesuchter Linksextremist in Berlin festgenommen

Stand: 12.12.2023 16:50 Uhr

Rund 20 Linksextremisten gelten derzeit in Deutschland als untergetaucht. Nun wurde nach Information von NDR und WDR einer der Gesuchten in Berlin gefasst. Dem Mann könnte eine Auslieferung nach Ungarn drohen.

Von Von Manuel Bewarder, NDR/WDR, Florian Flade, WDR, und Sebastian Pittelkow, NDR

Die Zahl untergetauchter Linksextremisten aus Deutschland ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden sollen sich derzeit rund zwei Dutzend Personen aus dem linksextremistischen Spektrum verstecken. Darunter sind auch Extremisten, die mit Haftbefehlen gesucht werden und denen die Behörden schwere Straftaten zutrauen.

Einer dieser gesuchten Linksextremisten wurde nach Informationen von NDR und WDR nun von Zielfahndern der Polizei gefasst. Am Montag wurde demnach Simeon T. aus Thüringen in Berlin festgenommen. Die Wohnung, in der sich der 22 Jahre alte Mann aufgehalten haben soll, sowie weitere Wohnungen in Jena wurden durchsucht. "Die Vorführung der festgenommenen Person vor dem zuständigen Ermittlungsrichter soll noch heute im Laufe des Tages erfolgen", teilte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden auf Nachfrage mit.

Verdacht der gefährlichen Körperverletzung

Simeon T. wird in Ungarn von den dortigen Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung mit einem europäischen Haftbefehl gesucht. Er soll gemeinsam mit weiteren Personen aus dem linksextremistischen Milieu im Februar 2023 mehrere mutmaßliche Teilnehmer der rechtsextremen Veranstaltung "Tag der Ehre" in Budapest, einem SS-Gedenkmarsch, angegriffen haben. Dabei sollen die Angreifer teilweise gefährliche Gegenstände wie Hämmer und Schlagstöcke eingesetzt haben. Auch Pfefferspray soll versprüht worden sein, mehrere Personen wurden dabei offenbar verletzt.

Die ungarischen Behörden fahnden seit dem Angriff nach mehreren Tatverdächtigen mit europäischen Haftbefehlen. Zwei Tatverdächtige aus Berlin wurden noch in Budapest gefasst: Ein 29-jähriger Mann und eine 26-jährige Frau. Die Frau wurde mittlerweile unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt, der Mann befindet sich noch in Untersuchungshaft. 

Vorwurf der Mitgliedschaft in krimineller Organisation

Am 30. Oktober 2023 hat die Staatsanwaltschaft Budapest Anklage gegen die beiden Deutschen sowie eine Italienerin erhoben. Sie sollen mehrere gewaltsame Angriffe auf Teilnehmer des SS-Gedenkmarsches verübt haben. Neben schwerer und lebensgefährlicher Körperverletzung wirft die Anklage ihnen zudem Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation vor.

In Deutschland hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ein sogenanntes Spiegelverfahren zu den Ermittlungen in Ungarn eingeleitet und fahndete nach weiteren flüchtigen Tatverdächtigen. Der nun gefasste Simeon T. wurde aufgrund eines deutschen Haftbefehls festgenommen, ein Auslieferungsantrag der ungarischen Behörden liege derzeit noch nicht vor, wie ein Sprecher der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft mitteilte.

Aktuell werden von den deutschen Sicherheitsbehörden noch mehrere Personen aus dem Umfeld der Linksextremistin Lina E. gesucht, die im Mai vom Oberlandesgericht Dresden unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt wurde. 

Unter den Gesuchten befindet sich Johann G., der frühere Lebensgefährte von Lina E., der als "Gefährder" eingestuft ist, und dem schwere Straftaten zugetraut werden. Seit September gibt es eine Öffentlichkeitsfahndung der Polizei Sachsen nach G.. Für Hinweise auf seinen Aufenthaltsort wurden 10.000 Euro Belohnung ausgesetzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Sachsen am 13. Dezember 2023 um 17:22 Uhr.