Das Logo der WHO vor dem Hauptquartier in Genf.

Herkunft des Coronavirus WHO nennt Pompeos Kritik "spekulativ"

Stand: 04.05.2020 21:24 Uhr

Die WHO zieht Behauptungen der USA in Zweifel, das Coronavirus sei in einem Labor in Wuhan gezüchtet worden. Beweise oder konkrete Daten lägen nicht vor, beschwert sich die Organisation. Westliche Geheimdienste werfen China Vertuschung vor.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Aussagen der US-Regierung zur Herkunft des neuartigen Coronavirus aus einem Labor in der chinesischen Stadt Wuhan als "spekulativ" bezeichnet. "Wir haben von der US-Regierung keine konkreten Daten oder Beweise über die angebliche Herkunft des Virus erhalten, sodass dies aus unserer Perspektive weiterhin spekulativ ist", sagte WHO-Experte Michael Ryan in Genf.

Erst am Sonntag hatte US-Außenminister Mike Pompeo China erneut scharf angegriffen. Es gebe "überwältigende Beweise" dafür, dass der neuartige Erreger aus einem Labor in Wuhan stamme, sagte Pompeo. Der US-Außenminister warf Peking mit Blick auf die Corona-Krise eine "kommunistische Desinformationskampagne" vor.

Geheimdienstpapier nicht eindeutig

Am selben Tag berichtete die australische Zeitung "Saturday Telegraph" über ein Papier westlicher Geheimdienste, das scharfe Kritik an Chinas Umgang mit der Corona-Krise übe. Das Dossier der "Five Eyes" genannten Geheimdienstallianz der USA, Großbritanniens, Australiens, Kanadas und Neuseelands dokumentiere die Vertuschung chinesischer Behörden und weise auch auf riskante Forschungsarbeiten in einem Labor in der chinesischen Stadt Wuhan hin, wo das neue Coronavirus im Dezember erstmals aufgetaucht war.

Das 15-seitige Dokument zeige, in welche Richtung die Nachrichtendienste ermitteln. Es erwähnt nach Angaben der Zeitung aber auch die Differenzen der Dienste über den Verdacht, dass das Virus aus dem Institut für Virologie in Wuhan stammen könnte. In dem Geheimdienstpapier wird auf gefährliche Forschungsarbeiten in dem Labor mit Viren von Fledermäusen verwiesen, die allerdings auch in Zusammenarbeit mit amerikanischen und australischen Wissenschaftlern erfolgt waren. Spekulationen darüber hatte vor allem US-Präsident Donald Trump befeuert.

Wissenschaftler halten es allerdings für viel wahrscheinlicher, dass Sars-CoV-2 von Fledermäusen über ein anderes Tier und durch den Wildtierhandel auf den Menschen übertragen wurde. Sie wiesen auch bereits nach, dass das Virus nicht künstlich erzeugt worden ist, sondern natürlichen Ursprungs ist. Diese Einschätzung bestätigten in der vergangenen Woche auch die US-Geheimdienste.

Befürchtungen aus Peking

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters fürchtet die Führung in Peking die wachsenden Spannungen mit den USA im Zuge der Corona-Krise. Reuters beruft sich dabei auf einen internen Bericht. Der Inlandsgeheimdienst habe Anfang April das Papier führenden Staatsvertretern vorgelegt. Darunter sei auch Präsident Xi Jinping gewesen, wie mit der Sache vertraute Personen Reuters mitteilten. Angestachelt von den USA sei für China weltweit mit der feindseligsten Stimmung seit der Niederschlagung der Studentenbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 zu rechnen. Im schlimmsten Fall könne es zu einer bewaffneten Konfrontation zwischen den beiden Weltmächten kommen.

Das Papier weckt laut Insidern in seiner Tonlage Erinnerungen an die Frühphase des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Außenministerium in Peking erklärte auf Reuters-Anfrage zu dem Bericht, es habe "keine entsprechenden Informationen".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. April 2020 um 23:50 Uhr.