Gefangene in Syrien

Kriegsverbrechen in Syrien Hilflose Vereinte Nationen

Stand: 08.02.2017 01:18 Uhr

Tausende Menschen sind laut Amnesty International in syrischen Gefängnissen getötet worden. Die Weltgemeinschaft ist entsetzt, doch die Vereinten Nationen handeln nicht. Russland schützt das Assad-Regime. Es bleiben hilflose Gesten.

Entsetzt sei der Generalsekretär der Vereinten Nationen. Das sagt zumindest sein Sprecher Stéphane Dujarric. Von Antonio Guterres persönlich dagegen kein Wort zu dem Horrorbericht von Amnesty International: Ein "Schlachthaus" sei das Gefängnis im Norden von Damaskus; und das Morden und Foltern dauere - davon müsse man ausgehen - immer noch an.

Für jedes Opfer müssten die Täter zur Rechenschaft gezogen werden, sagt Dujarric dann noch. Allerdings fehlt in diesem Satz das "Wer" einer handelnden Person. Und das aus gutem Grund.

Russland schützt Syrien

Ban Ki Moon, der Vorgänger von UN-Generalsekretär Guterres, hatte mehrfach verlangt, das Grauen von Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu überweisen. Syrien ist dort zwar kein Unterzeichner - aber der UN-Sicherheitsrat könnte sich darüber hinweg setzen. Könnte. Russland aber verhindert das als Partner der Assad-Regierung mit seinem Veto; oft unterstützt von China.

Für Sherine Tadros, Leiterin des UN-Büros von Amnesty International, hat das weitreichende Folgen: "Sie legen nicht nur ihr Veto gegen wichtige Resolutionen ein. Schlimmer noch: Einiges - darunter Überweisungen an den Internationalen Strafgerichtshof - kommt erst gar nicht mehr auf den Tisch. Sinnlos. Jeder weiß: Es gibt doch ein Veto."

5000 bis 13.000 Hinrichtungen, ohne Prozess, dazu grausamste Folter - all das seien klar Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sagt Amnesty International. Und damit genauso klar ein Fall für Den Haag. Die Chancen aber stehen denkbar schlecht.

Eine rote Linie nach der anderen werde ungestraft überschritten, so sieht es Sherine Tadros von AI. Dies sei "extrem frustrierend für jeden, der mit Syrien zu tun hat. Es scheint wirklich keine roten Linien mehr zu geben. Erst dachten wir, vielleicht ist es eine rote Linie wenn die UN beweisen, dass Chemiewaffen eingesetzt wurden. Das war so. Aber es war dann doch keine rote Linie. Dann dachten wir: Wenn UN-Helfer angegriffen werden - das sei eine rote Linie. Es passierte - aber wieder war es keine rote Linie. Ja was braucht es denn noch?"

Die Vereinten Nationen könnten Beobachter entsenden - wenn sich denn der Sicherheitsrat darauf einigt. Und dann gibt es noch eine Reihe zäherer Schritte. Die UN-Friedensgespräche am 20. Februar in Genf dürften das Morden unter den Augen der Regierung ansprechen, der UN-Menschenrechtsrat im März sich damit befassen, die von der UN-Vollversammlung geforderte Arbeitsgruppe weitere Beweise sichern.

"Die Gräueltaten passieren jetzt"

"Die traurige Tatsache ist: Nichts davon geht schnell", sagt Sherine Tadros von AI. "Diese Gräueltaten aber passieren während wir gerade jetzt sprechen." Schlimmer noch: Sie waren bereits vor fast zwei Jahren anzuschauen. Im Hauptgebäude der Vereinten Nationen am East River. Da hingen 24 Fotos von verstümmelten Menschen, aufgeschlitzten Leibern, ausgestochenen Augen. Unerträglich anzusehen.

Aber, man müsse hinsehen, sagte eine fassungslose Beobachterin damals. Dem dürfe man sich als Mensch nicht entziehen. Vielleicht auch ein Auftrag für die Vereinten Nationen.

Kai Clement, Kai Clemenet, ARD New York, 08.02.2017 06:19 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 07. Februar 2017 um 21:35 Uhr und Deutschlandradio am 08.02.2017 um 05:54 Uhr.