Flüchtlingsgipfel der EU Zeit zu liefern

Stand: 15.10.2015 18:07 Uhr

Der EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise beginnt mit einer Standpauke für all diejenigen Länder, die noch nicht geliefert haben. Zugesagte Millionen sind noch nicht gezahlt worden und einige wenige nehmen den Großteil der Flüchtlinge auf.

Bei diesem Gipfel müssen die Staats- und Regierungschefs immerhin nicht bei null anfangen. Einiges ist bereits beim Gipfel zur Flüchtlingskrise im September vereinbart und beschlossen worden. Auch viel Geld, das fließen sollte, doch bis heute nicht bereitgestellt wurde.

Deshalb beginnt dieser Gipfel auch mit einer ernsten Standpauke für all jene, die noch nicht geliefert haben. "Ich hoffe, dass wir deutliche Signale bekommen, dass alle Länder ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen und dass auch alle Länder bereit sind, Personal zu stellen", mahnte Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor den Beratungen. Es sei offensichtlich, dass einige wenige Länder im Augenblick den Großteil der Flüchtlinge aufnehmen würden und das meiste Personal zum Schutz der Außengrenzen stellen würden. "Das ist nicht das, was wir unter einer fairen Lastenverteilung verstehen."

Nur neun Millionen von 1,8 Milliarden sind gezahlt

Bereits am Mittwoch hatte EU-Kommissionspräsident Juncker die harten Fakten für solche Vorwürfe geliefert: So sind von zugesagten 1,8 Milliarden Euro für den Afrika-Fonds bisher gerade mal neun Millionen gezahlt worden. Auch das Geld für die Welthungerhilfe, um die humanitäre Krise in vielen Flüchtlingscamps rund um Syrien zu lindern, fehlt zu großen Teilen.

Ein Skandal findet auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: "Wenn die hilfsbedürftigen Länder, das Geld nicht bekommen, dann können wir Hot Spots einrichten, so viel wir wollen. Dann wird das Flüchtlingsproblem nicht zu managen sein."

Zusammenarbeit mit Länder außerhalb der EU

Genau das soll bei diesem Gipfel aber in die Wege geleitet werden. Besonders wichtig sei dabei, die intensive Zusammenarbeit mit Staaten außerhalb der Europäischen Union, so der französische Staatspräsident Francois Hollande. "Nachdem wir die Sicherung der Außengrenzen und die Registrierzentren für Flüchtlinge beschlossen haben, geht es nun darum, jenen Ländern zu helfen, die außerhalb Europas die Flüchtlinge aufnehmen. Da müssen wir uns würdig zeigen", sagte Hollande. Gemeint sind die Länder des Westbalkans, Jordanien und der Libanon sowie die Türkei. Mit ihr soll nach den Plänen Brüssels eine ganz besondere Partnerschaft entstehen, schließlich habe das Land bereits zwei Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen und sei zudem seit langem Kandidat für einen späteren EU-Beitritt.

Streit um Zugeständnisse für die Türkei

Doch nicht jeder ist begeistert von der Aussicht, neben einer Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise, künftig auch mehr mit der Türkei zu teilen: Es dürfe nicht sein, dass nur, weil die Türkei der EU helfen würde, Flüchtlinge zu halten, Visa-Erleichterungen für türkische Staatsbürger eingestanden würden, kritisierte Hollande. "Da muss es eine Regelung geben, die an einige Bedingungen geknüpft werden sollten. Die Angelegenheit könnte noch zu Streit führen."

Denn viele EU-Staaten, darunter auch Deutschland, sehen eine Kooperation mit der Türkei als Möglichkeit, um den akuten Druck abzuschwächen, den sie in dieser Krise verspüren. Solche Hoffnungen könnten wiederum die Bereitschaft zu Zugeständnissen an die Türkei erhöhen. Noch weiß allerdings niemand, was das Land tatsächlich im Gegenzug fordert. Das sollen die Staats- und Regierungschefs am Abend erfahren.

Sabine Hackländer, S. Hackländer, SWR Brüssel, 15.10.2015 17:35 Uhr