Ursula von der Leyen

Notstandsgesetz in Ungarn EU warnt vor unverhältnismäßigen Schritten

Stand: 31.03.2020 16:23 Uhr

Ein neues Pandemie-Gesetz erlaubt es Ungarns Ministerpräsident Orban, unbegrenzt per Dekret zu regieren. Die EU-Kommission wies unverhältnismäßige Maßnahmen nun zurück - ohne Budapest jedoch beim Namen zu nennen.

Nach dem Beschluss des umstrittenen Pandemie-Notstandsgesetzes in Ungarn hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor unverhältnismäßigen Krisenmaßnahmen gewarnt.

"Alle Notstandsmaßnahmen müssen auf das, was notwendig ist, begrenzt und streng verhältnismäßig sein. Sie dürfen nicht unbegrenzt dauern", sagte sie in Brüssel.

Die EU-Kommission werde die Notstandsgesetze der EU-Staaten in der Corona-Krise genau prüfen. Ein Kommissionssprecher ergänzte, das Kollegium der EU-Kommissare werde am Mittwoch darüber beraten. Von der Leyen nahm in ihrer Erklärung nicht explizit Bezug auf Ungarn.

Umfassende Sondervollmachten für Orban

Der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich am Montag vom ungarischen Parlament mit umfassenden Sondervollmachten gegen die Corona-Pandemie ausstatten lassen. Ein Notstandsgesetz ermöglicht es ihm, ohne zeitliche Befristung auf dem Verordnungsweg zu regieren.

Er kann nun den am 11. März wegen der Pandemie verhängten Notstand ohne die Zustimmung des Parlaments beliebig verlängern. Kritiker sehen darin eine Instrumentalisierung der Corona-Krise, um Orbans Machtstellung auszubauen.

Weitere Bestimmungen beinhalten, dass während des Notstands keine Wahlen und Referenden stattfinden dürfen. Außerdem werden die Strafen für Verstöße gegen Quarantänebestimmungen sowie für die Verbreitung von Falschnachrichten massiv verschärft.

Journalisten fürchten Haftstrafen

Journalisten befürchten, dass ihnen wegen kritischer Berichterstattung Haftstrafen drohen könnten. Von der Leyen betonte, es sei wichtiger als je zuvor, dass Journalisten in der Lage seien, ihren Beruf frei und präzise auszuüben.

Ebenso wichtig sei, Falschinformationen zu bekämpfen und sicherzustellen, dass die Bürger Zugang zu wichtigen Informationen hätten. "Demokratie kann ohne freie und unabhängige Medien nicht funktionieren." Es sei äußerst wichtig, dass Notstandsmaßnahmen nicht auf Kosten der Grundwerte gingen.

Orbans Regierung weist Kritik der Opposition zurück

Orbans Regierungspartei Fidesz hat eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Opposition, Menschenrechtsgruppen und der Europarat bemängeln vor allem, dass die Ausweitung der Macht nicht zeitlich beschränkt ist.

Staatssekretär Bence Retvari wies die Kritik zurück. Die Befugnis sei in Zeit und Umfang beschränkt. "Sie steht ausschließlich im Zusammenhang mit dem Coronavirus, und Sie machen ein Geschrei von Diktatur", sagte er an die Opposition gerichtet.

Orban wird seit Jahren von seinen Kritikern im Land und aus anderen EU-Staaten vorgeworfen, Prinzipien des Rechtsstaats zu unterlaufen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL im Hörfunk am 31. März 2020 um 15:11 Uhr.