Untersuchungen der israelischen Armee Irrtümlich getötete Geiseln zeigten weiße Fahne
Weil sie sich bedroht fühlten, erschossen israelische Soldaten irrtümlich drei Geiseln im Gazastreifen. Erste Untersuchungen zeigen: Die Männer hatten weiße Fahnen geschwenkt. Die Proteste für mehr Einsatz der Regierung bei der Rettung der Geiseln gehen weiter.
Nach der versehentlichen Tötung von drei Geiseln durch israelische Soldaten hat das Militär neue Details veröffentlicht. Die getöteten Männer seien mehrere Dutzend Meter entfernt von den Truppen aus einem Gebäude gekommen. Das gehe aus ersten Ermittlungsergebnissen hervor, teilte das israelische Militär mit.
"Sie hatten alle keine Hemden an und hatten ein weißes Tuch an einen Stock gebunden. Der Soldat fühlte sich bedroht und hat geschossen", sagte ein Sprecher der Armee. Der Soldat habe angegeben, es seien Terroristen und dann wurde das Feuer von weiteren Soldaten eröffnet. Zwei der Männer seien direkt getötet worden.
Die dritte Geisel habe verwundet Schutz in einem Gebäude gesucht und auf Hebräisch um Hilfe gerufen, schilderte der Sprecher den Ablauf weiter. Zwar habe der Bataillonskommandeur sofort das Einstellen des Feuers befohlen, aber es sei weiter auf die dritte Geisel geschossen worden, die dann gestorben sei.
Die Untersuchung des Vorfalls läuft
"Ich möchte sehr deutlich sagen, dass dieses Vorgehen gegen unsere Einsatzregeln war", erklärte der Militär-Sprecher. Der Vorfall werde untersucht. Zu dem Zwischenfall ist es den Angaben zufolge am Freitagmorgen bei Kämpfen in der Region um Schedschaija im Norden des Gazastreifens gekommen. Die Truppen im Gazastreifen seien an die Einsatzregeln erinnert worden, um solche tragischen Vorfälle zu vermeiden, hieß es.
Gleichwohl machte der Militärvertreter deutlich, dass es sich bei dem Gebiet um eine aktive Kampfzone handelte. Truppen seien dort bereits in Hinterhalte gelockt worden. Zudem seien Angreifer oft in "Jeans und Sneakers" unterwegs. Unklar sei weiter, ob die Männer ihren Entführern entkommen konnten oder bewusst zurückgelassen wurden. Untersucht werde derzeit auch, ob es einen Zusammenhang mit einem Haus in der Nähe gebe, auf dem die Buchstaben SOS angebracht waren.
Abendliche Proteste gegen die Regierung
Bereits am Freitag hatte die Armee die Geiseln nach Israel gebracht und identifiziert. Demnach handelt es sich um den 28-jährigen Jotam Haim und 26-jährigen Alon Lulu Schamris aus dem Kibbuz Kfar Asa. Der dritte Tote ist der 25-jährige Samer El-Talalka, der aus dem nahe gelegenen Kibbuz Nir Am verschleppt wurde.
Am Abend hatte die Armee ihr "tiefstes Bedauern über den tragischen Vorfall" geäußert und die Angehörigen um Verzeihung gebeten. Das Militär trage die Verantwortung für alles, was passiert ist, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. "Sofortige Lehren" seien aus dem Vorfall gezogen und an alle israelischen Einheiten übermittelt worden.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bezeichnete den Vorfall als "unerträgliche Tragödie". Man werde mit größter Anstrengung weitermachen, "um alle unsere Geiseln sicher nach Hause zu bringen".
Vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv versammelten sich am Abend Hunderte Demonstrierende. Sie hielten Schilder mit der Aufschrift "Es gibt keinen Sieg ohne die Rückkehr der Geiseln". Unter ihnen waren Angehörige von Geiseln. Sie warfen der Regierung vor, nicht genug zu tun, um die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln freizubekommen. Auf dem als "Platz der Geiseln" bekannt gewordenen Platz vor dem Kunstmuseum in Tel Aviv versammelten sich auch am Samstag Angehörige der Geiseln, um ihre Freilassung zu fordern.
Berichte: Katar vermittelt erneut zwischen Israel und der Hamas
Berichten zufolge vermittelt das Golfemirat Katar erneut zwischen Israel und der Hamas, um weitere Geiseln freizulassen. Das berichten die US-Zeitung The Wall Street Journal und das Nachrichtenportal Axios. Demnach sollen hochrangige Beamte Israels und Katars in Norwegen zusammengekommen sein, um Gespräche über mögliche Überstellungen von Geiseln und Gefangenen zu führen.
Auch eine neue Feuerpause für die weitere Freilassung israelischer Geiseln steht demnach im Raum. Der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, David Barnea, soll sich laut Axios mit dem katarischen Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Oslo getroffen haben. Eine offizielle Bestätigung des Treffens gibt es bisher nicht. Gespräche über eine neue Feuerpause im Gaza-Krieg werden nach katarischen Angaben aber fortgesetzt. Das Golfemirat bekräftige seine laufenden diplomatischen Bemühungen zur Erneuerung der humanitären Pause, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums.
Katar unterhält gute Beziehungen zur Hamas. Ende November hatten Israel und die Hamas unter Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA erstmals eine Feuerpause vereinbart, die zwei Mal verlängert wurde. In der Zeit ließ die Hamas 105 Geiseln frei, darunter 14 deutsche Staatsbürger, und Israel im Gegenzug 240 palästinensische Häftlinge. Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch 129 Geiseln im Gazastreifen festgehalten.