Gazastreifen Vier Deutsche unter freigelassenen Geiseln
Die von der Hamas freigelassenen israelischen Geiseln sind laut Israels Militär in ihre Heimat zurückgekehrt. Es soll sich um 13 Frauen und Kinder handeln. Vier von ihnen haben auch die deutsche Staatsangehörigkeit.
Von den im Gazastreifen freigelassenen Geiseln haben laut ihren Angehörigen mehrere neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu veröffentlichte eine Namensliste der insgesamt 13 israelischen Freigelassenen. Darunter sind eine 77-Jährige sowie die 34-Jährige Doron Katz-Asher mit ihren beiden Töchtern im Alter von zwei und vier Jahren, die zusätzlich Deutsche sind.
Alle vier waren am 7. Oktober von der Terrororganisation Hamas aus dem Kibbuz Nir Oz entführt worden. Die 77-Jährige war mit ihrem 79-jährigen Mann in den Gazastreifen verschleppt worden. Nach Angaben ihres Bruders leidet sie an Krebs und ist schwerkrank.
Katz-Asher war gemeinsam mit ihren Töchtern auf Besuch bei der Großmutter im Kibbuz in der Nähe des Gazastreifens, als die Hamas Israel überfiel. Der Vater der beiden Mädchen, Yoni Asher, hatte seit langem öffentlich auf das Schicksal seiner entführten Familie aufmerksam gemacht. Unter anderem war er auch Interviewpartner in den tagesthemen.
Bestätigung von Baerbock
Außenministerin Annalena Baerbock bestätigte die vier Fälle. "Ich bin unendlich erleichtert, dass soeben 24 Geiseln aus Gaza freigekommen sind, darunter vier Deutsche, dass ein Vater nach 49 Tagen der Hölle, des unglaublichen Bangens, endlich seine zwei kleinen Töchter, seine Ehefrau wieder sicher in die Arme schließen kann", sagte sie am Rande des Grünen-Parteitags in Karlsruhe.
Die Bundesregierung sei allen, die daran mitgewirkt hätten "enorm dankbar".
Geiseln wieder in Israel
Mittlerweile konnten die von der Terrororganisation Hamas freigelassenen Geiseln nach Angaben des israelischen Militärs nach Israel zurückkehren. Sie seien schon medizinisch untersucht worden und in "gutem Zustand", teilte Militärsprecher Daniel Hagari mit. Ihr Leben sei nicht in Gefahr. 22 der Betroffenen seien zunächst zu einem Luftwaffenstützpunkt in der Negev-Wüste gebracht worden. Danach würden sie mit Hubschraubern der Luftwaffe in Krankenhäuser gebracht. Dort werden sie den Angaben nach auch mit ihren Angehörigen wiedervereint. Zwei israelische Staatsbürger seien aus zunächst nicht genannten Gründen direkt in Krankenhäuser gefahren worden.
Das israelische Militär rief die Öffentlichkeit und die Medien zu Geduld und Sensibilität auf. "Wir bitten alle darum, die Privatsphäre der freigelassenen Geiseln und ihrer Familien zu respektieren." Psychologen gehen davon aus, dass besonders die Kinder nach sieben Wochen Geiselhaft schwer traumatisiert sein könnten. Sie haben auch am 7. Oktober schlimmste Gewalt miterlebt.
Zuvor hatten israelische Sicherheitskreise und das Vermittlerland Katar die Freilassung der 13 Geiseln bestätigt.
Im Rahmen einer viertägigen Feuerpause im Gazastreifen, die am Morgen begonnen hat, sollen insgesamt 50 der etwa 240 Hamas-Geiseln freigelassen werden. Im Gegenzug sollen 150 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freikommen. Israel und die Hamas hatten die Vereinbarung nach langwierigen Verhandlungen getroffen.
Übergabe war intensiv vorbereitet worden
Die heute freigelassenen Geiseln waren zunächst vom Roten Kreuz zum Grenzübergang Rafah zwischen dem südlichen Gazastreifen und Ägypten gebracht worden und von dort weiter nach Israel. Die Übergabe der israelischen Geiseln war intensiv vorbereitet worden. Sie wurden von israelischen Traumaexperten und Medizinern erwartet, außerdem von speziell ausgebildeten Soldaten, die für ihre Sicherheit sorgen sollen.
Laut Katar kamen auch zehn thailändische Geiseln und eine philippinische Geisel frei.
Im Gegenzug seien 39 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen worden. Nach palästinensischen Angaben sind unter ihnen 24 Frauen sowie 15 Jungen im Teenageralter.
Nach der Freilassung der Gruppe hat Israels Regierungschef Netanyahu die Rückkehr aller von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Menschen als Ziel ausgegeben. "Wir sind entschlossen, alle unsere Geiseln zurückzubringen", erklärte Netanyahu. "Das ist eines der Ziele des Krieges und wir sind entschlossen, alle Ziele des Krieges zu erreichen."
Waffenruhe hält offenbar
Die vereinbarte viertägige Waffenruhe scheint bislang unterdessen zu halten. Nach übereinstimmenden Berichten halten sich beide Seiten - das israelische Militär und die Hamas - an die Vereinbarung. Auch die Hisbollah im nördlich gelegenen Libanon hat offenbar zugestimmt, den Beschuss von israelischem Staatsgebiet einzustellen.
Augenzeugenberichten zufolge machten sich nach Inkrafttreten der Feuerpause Hunderte palästinensische Binnenflüchtlinge auf den Weg, um in ihre Wohnorte zurückzukehren. Die Menschen wollten etwa in der Stadt Gaza und in anderen Teilen des nördlichen Gazastreifens nach ihren Häusern oder Wohnungen sowie ihren Angehörigen sehen, berichten Medien. Das israelische Militär warnte jedoch, es sei verboten, sich vom Süden in den Norden des Küstengebiets zu begeben. Dort seien nach wie vor israelische Soldaten stationiert.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee
Die Waffenruhe wurde auch für Hilfslieferungen genutzt. Seit Beginn konnten nach UN-Angaben bereits Hilfsgüter für Hunderttausende Menschen in den Gazastreifen gebracht werden. Seit Freitagmorgen seien 137 Lkw entladen worden, berichtete das UN-Nothilfebüro OCHA am Abend. Die Bevölkerung sei mit Lebensmitteln, Wasser und medizinische Gütern versorgt worden, hieß es. Außerdem seien 129.000 Liter Treibstoff und vier LKW-Ladungen mit Gas angekommen.
Laut OCHA handelte es sich um den größten Hilfskonvoi seit dem 7. Oktober. Das UN-Büro berichtete auch, dass 21 Patienten in kritischem Zustand aus dem nördlichen Gazastreifen abtransportiert worden seien.