Ein Satellitenfoto zeigt den US-Stützpunkt "Tower 22" in Jordanien.

Drohnenangriff auf US-Stützpunkt Eine Fehleinschätzung mit tödlichen Folgen?

Stand: 30.01.2024 07:09 Uhr

Drei tote US-Soldaten, pro-iranische Milizen - der Drohnenangriff in Jordanien schürt Sorgen vor einer Ausweitung des Nahost-Krieges. Dass die Drohne überhaupt angreifen konnte, beruhte offenbar auf einer Fehleinschätzung des US-Militärs.

Eine feindliche Drohne, die in Jordanien drei US-Soldaten getötet und viele weitere verletzt hat, könnte mit einer amerikanischen Drohne verwechselt worden sein. Diese Fehleinschätzung des US-Militärs soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge beim tödlichen Angriff proiranischer Milizen auf den US-Stützpunkt an der Grenze zu Syrien eine Rolle gespielt haben.

Die eigene oder eine feindliche Drohne?

Unter anderem das Wall Street Journal, die New York Times und der Sender Fox News berichteten unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, die feindliche Drohne habe sich zeitgleich mit einer US-Überwachungsdrohne dem Stützpunkt genähert. Deshalb sei unklar gewesen, ob es sich um eine eigene oder feindliche Drohne gehandelt habe.

Es könnte daher angenommen worden sein, dass es sich um eine US-Drohne handele, die zum sogenannten Tower 22 in Jordanien an der Grenze mit Syrien zurückkehrt. In der Folge sei die Luftabwehr nicht sofort zum Einsatz gekommen, um die feindliche Drohne abzufangen. Große Luftabwehrsysteme hat Tower 22 zwar nicht, doch verfügt die Anlage über Drohnenabwehrtechnik, etwa Coyote-Abfangdrohnen.

Biden kündigte Vergeltung an

Eine Fehleinschätzung mit tödlichen Folgen. Drei US-Soldaten starben, mindestens 34 weitere wurden verletzt. Zudem sorgt der Angriff für weitere Destabilisierung in einer sowieso schon brenzligen Region. US-Präsident Joe Biden kündigte Vergeltung an, der Iran dementierte jedwede Beteiligung an dem Angriff. Proiranische Milizen im Irak reklamierten die Attacke für sich und erklärten, sie hätten vier US-Militärstützpunkte angegriffen, davon drei in Syrien am Sonntagmorgen.

Es werde eine Antwort geben, legte der der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, inzwischen nach und beteuerte zugleich, man wolle keinen Krieg mit dem Iran. Aber der Angriff in Jordanien bedeute ganz klar eine Eskalation, sagte Kirby weiter. Kirby äußerte sich kurz nach einem Treffen Bidens mit dem nationalen Sicherheitskabinett, dem unter anderem auch Verteidigungsminister Lloyd Austin angehört.

Teheran will damit nichts zu tun haben

Für die USA ist klar, dass pro-iranische Gruppen für den Angriff verantwortlich sind. Das Regime in Teheran wies jegliche Verbindung zu der Attacke von sich.

Die Anschuldigungen würden mit dem politischen Ziel erhoben, "die Realitäten in der Region umzukehren", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Die bewaffneten Gruppen in der Region erhielten keine Anweisungen aus dem Iran.

Blinken: Lage so gefährlich wie seit 1973 nicht

Wie angespannt die Lage ist, zeigen auch Äußerungen von US-Außenminister Antony Blinken. "Ich behaupte, dass wir in der gesamten Region seit mindestens 1973 - vielleicht sogar davor - keine so gefährliche Situation mehr erlebt haben wie jetzt", sagte Blinken in Washington bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. "Das ist das Umfeld, in dem wir operieren." Er warnte vor Versuchen, den Konflikt in Nahost auszunutzen, um weitere Instabilität zu säen. Man werde entschieden auf jede Aggression reagieren. Gleichzeitig betonte Blinken, es sei das Ziel der US-Regierung, eine Eskalation in der Region zu verhindern."Es ist uns ein Anliegen, beides zu tun: Für unsere Leute einstehen, wenn sie angegriffen werden, und verhindern, dass der Konflikt wächst und sich ausbreitet."

Auch in Syrien wurden am Montag wieder US-Soldaten und ihre Verbündeten beschossen. Es seien "mehrere Raketen auf US- und Koalitionssoldaten" abgefeuert worden, sagte in Washington ein Vertreter des Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte. Es sei niemand verletzt worden. 

3.000 US-Soldaten in Jordanien

In Jordanien sind mit Stand Sommer 2023 etwa 3.000 US-Soldaten stationiert, wie das Portal Axios berichtete. Sie unterstützen dort unter anderem Jordanien im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Die dort stationierten US-Soldaten nutzen Wohnwagen als Schlafquartiere. Nach US-Angaben erlitten die meisten der 34 bei dem Drohnenangriff Verletzten Schnittwunden, Prellungen, traumatische Hirnverletzungen und ähnliche Verwundungen. Acht Militärangehörige wurden aus medizinischen Gründen evakuiert. Der am schwersten verletzte Soldat befand sich in kritischem, aber stabilem Zustand.

Isabell Karras, ARD Washington, tagesschau, 30.01.2024 07:15 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Januar 2024 um 05:16 Uhr.