Ein Zaun vor dem US-Kapitol in Washington.

US-Haushaltsstreit Und wieder droht ein "Shutdown"

Stand: 26.09.2023 05:23 Uhr

Es ist ein Ritual in Washington: Das politische Gezerre um den kommenden Haushalt. Wieder droht nun ein "Shutdown", eine Haushaltssperre. Die Verhandlungen sind besonders kompliziert, weil eine kleine Gruppe von Republikanern den internen Machtkampf will.

Im Kapitol Anfang dieser Woche: Reporter lauern dem republikanischen Chef des Repräsentantenhauses auf. Wie sehr die Angst, abgesetzt zu werden, seine Verhandlungsstrategie jetzt beeinflusse, will ein CNN-Journalist von Kevin McCarthy wissen. Der winkt ab: “Mein Fokus gilt nur dem amerikanischen Volk. Und ich mach mir keine Sorgen, ob jemand einen Antrag stellt. Oder mit Nein stimmt.“

Mit "Antrag" meint McCarthy ein Misstrauensvotum. Und die Gefahr ist groß, dass der Republikaner nicht nur die Haushaltsperre nicht mehr verhindern kann, sondern über den parteiinternen Streit auch noch seinen Job verliert. Seit Wochen droht eine kleine Gruppe ultrarechter Abgeordneter mehr oder weniger unverhohlen damit.

Rebellen wollen Regierungsausgaben zusammenstreichen

Einer ihrer Wortführer ist Matt Gaetz aus Florida. Das sei aber keine Vendetta gegen McCarthy, erklärte der Trump-Fan bei Fox News. Sondern: "Ich führe eine Vendetta gegen ein Washingtoner System, das Korruption und die Interessen von Lobbyisten über die Interessen von Amerikanern stellt", so Gaetz. "McCarthy ermöglicht dieses System. Und das nehme ich ihm übel."

Die Forderung der Rebellen: Debatten und Abstimmungen über jeden großen Einzelhaushalt, von Arbeit bis Verteidigung. Und bei jedem Ressort-Etat soll dramatisch gekürzt werden - weil die US-Regierung dramatisch über ihre Verhältnisse lebe, so Gaetz. Sieben Billionen US-Dollar Ausgaben bei nur fünf Billionen Einnahmen: So gehe das nicht weiter.

Und wenn der Weg zu einem solideren Haushalt nur über eine Haushaltssperre funktioniere, "dann ist das zwar nicht ideal - aber immer noch besser als Amerikas finanzieller Ruin."

Auch Ukraine-Hilfen werden diskutiert

Streichen wollen Gaetz und andere beispielsweise weitere Hilfen für die Ukraine: 24 Milliarden US-Dollar sind dafür momentan für das kommende Jahr vorgesehen.

Für die Demokraten - allen voran Joe Biden - sind Gaetz und die anderen "Extremisten". Er habe sich schließlich erst vor ein paar Monaten mit McCarthy auf die Grundzüge eines Haushalts verständigt - mit Einsparungen von über einer Billion US-Dollar über zehn Jahre, so Biden am Montag: "Eine Gruppe von extremen Republikanern im Haus willl diesen Deal jetzt platzen lassen. Und alle in Amerika müssten den Preis dafür bezahlen."

Beide Parteien fürchten politischen Preis

In den USA ist Vorwahlkampf - und die Angst vor dem politischen Preis eines "Shutdown" ist in beiden Parteien groß. Seit Tagen lässt der Präsident abwechselnd Mitglieder seines Kabinetts erklären, was eine Haushaltssperre bedeutet: Nicht nur für die knapp vier Millionen Staatsbediensteten und Militärangehörigen, die auf einmal kein Gehalt mehr bekämen. Sondern auch, wie Landwirtschaftsminister Tom Vilsack erklärte, beispielsweise für sieben Millionen Mütter, die von der Regierung mit Milchpulver für ihre Neugeborenen versorgt werden.

Weil die Zeit inzwischen so knapp ist, kann der "Shutdown“ jetzt nur noch durch einen Überbrückungshaushalt abgewendet werden. Auch dem müssen bis zum Wochenende allerdings noch beide Kongresskammern zu stimmen. Die nötigen Stimmen im Repräsentantenhaus könnte McCarthy zwar von den Demokraten bekommen. Aber die Rachlust seiner parteiinternen Widersacher wäre ihm sicher - und der bisherige Top-Republikaner kurz darauf möglicherweise seinen Job los.

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 26.09.2023 05:29 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 26. September 2023 um 06:13 Uhr.