Donald Trump

Abtreibungen in den USA Das Wahlkampf-Problem der Republikaner

Stand: 11.04.2024 08:17 Uhr

Das Thema Abtreibungen ist im US-Wahlkampf wichtig - und für die Republikaner heikel. Trump versuchte bislang, sich nicht festzulegen. Nachdem Arizona ein Gesetz von 1864 reaktivierte, positionierte er sich nun.

Wo steht Donald Trump beim umstrittenen Thema Abtreibung? Monatelang wollte sich der designierte Präsidentschaftskandidat nicht festlegen, ob er beispielsweise für ein landesweites Verbot ab der 15. Schwangerschaftswoche oder früher ist. Jetzt veröffentlichte der Republikaner ein vier Minuten langes Video. Kernaussage: Trump will sich raushalten und es beim Status quo belassen. Abtreibung sei jetzt Sache der einzelnen Bundesstaaten. Und so solle es auch bleiben, so der Ex-Präsident: "Was sie entscheiden, ist dann Gesetz." Mancherorts werde es dann eben strengere oder liberalere Regeln geben. Und das sei auch in Ordnung.

Die Leute müssten in dieser Frage ihrem Herzen folgen - aber, so Trump: "Wir müssen auch die Wahlen gewinnen - um unsere Kultur und unser Land zu retten." Er persönlich sei auch für mehr Ausnahmen, bei Inzest, Vergewaltigung oder wenn die Gesundheit der Mutter gefährdet ist.

 

Abtreibungsgegner werfen Trump Verrat vor

Der Aufschrei aus dem Lager der Abtreibungsgegner folgte prompt: "Wir sind sehr enttäuscht!", so beispielsweise die evangelikale Podcasterin Rebekah Haynie bei CNN. Dass Trump sich nicht klar zum Grundrecht auf Leben schon ab der Empfängnis bekenne und stattdessen "wie die Linken von Abtreibungsrecht" spreche - das sei ein Schritt rückwärts und sogar Verrat. Und die Evangelikale drohte, das könnte Trump die Stimmen dieser wichtigen Wählergruppe kosten.

"Trump und seine Republikaner haben sich beim Thema Abtreibung in eine Sackgasse manövriert", sagt Jessica Waters, Expertin für Abtreibungsrecht von der American University in Washington. Seit das Grundrecht auf Abtreibung vor knapp zwei Jahren vom Supreme Court abgeschafft wurde, haben 17 Bundesstaaten fast komplette Abtreibungsverbote erlassen, viele schon ab der sechsten Woche und fast ohne Ausnahmen.

Aber auch, wenn das die Evangelikalen freut: Eine deutliche Mehrheit der Amerikaner ist laut Umfragen grundsätzlich für die legale Möglichkeit von Schwangerschaftsabbrüchen. Trump wisse genau, dass die Kluft zwischen der republikanischen Politik und dem Wahlvolk in dieser Frage immer größer wird, so Waters. Das Thema Abtreibung habe die Republikaner bei den Zwischenwahlen viele Stimmen gekostet. Jetzt versuche Trump, es möglichst allen Seiten recht zu machen: "Ich glaube, er spricht so aus Angst."

 

Arizona setzt Gesetz von 1864 durch

Wie heikel das Thema für die Republikaner ist, zeigt das Beispiel Arizona: Einen Tag nach Trumps Statement zur Abtreibung entschied der dortige oberste Gerichtshof, dass künftig ein Gesetz von 1864 wieder in Kraft tritt, also aus der Zeit des Bürgerkriegs, als Arizona noch kein Bundesstaat war und Frauen noch nicht wählen durften. Damit sind Abtreibungen ab dem Moment der Empfängnis verboten. Und Ärzte, die Abbrüche durchführen, müssen unter Umständen bis zu fünf Jahre ins Gefängnis.

Trump erklärte daraufhin, das gehe zu weit. Aber die Gesetzgeber in Arizona würden schon noch einen Weg finden. Waters ist sich sicher: "Das ist genau die Situation, die er nicht will. Denn das hilft weder seiner Partei noch deren Kandidaten, dass dort jetzt so ein extremes Gesetz gilt."

Werden demokratische Wählerinnen mobilisiert?

Arizona gehört zu den möglicherweise wahlentscheidenden "Swing States", die mal für Demokraten, mal für Republikaner stimmen. Amtsinhaber Joe Biden gewann dort 2020 nur ganz knapp. Das Thema werde seine Anhängerinnen mobilisieren, glaubt Waters. Denn im November wird in Arizona wie in einem halben Dutzend anderer Staaten nicht nur über die Präsidentschaft abgestimmt. Sondern auch über die Verankerung des Rechts auf Abtreibung in den Landesverfassungen.

Bei ähnlichen Referenden in den vergangenen Monaten gab es stets eine Mehrheit dafür - selbst in konservativen Staaten wie Ohio und Kentucky. Waters Fazit: "Die Ergebnisse zeigen, dass dieses Thema demokratische Wählerinnen mobilisiert. So war es in den vergangenen zwei Jahren. Und ich denke, so wird es auch im November sein."

 

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 11.04.2024 00:28 Uhr