Evan Gershkovich

"Wall Street Journal" Sorge um inhaftierten US-Reporter

Stand: 30.03.2023 19:34 Uhr

Nach der Festnahme in Russland fürchtet das "Wall Street Journal" um die Sicherheit seines Reporters Gershkovich. Die US-Regierung verurteilte dessen Inhaftierung und rief ihre Bürger erneut auf, Russland zu verlassen.

Die Zeitung mit Sitz in New York zeigte sich in einer Stellungnahme "tief besorgt um die Sicherheit" ihres Journalisten. Evan Gershkovich war nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB in Jekaterinburg festgenommen worden. Das Gebiet um die Stadt im Ural gilt als eine der Hochburgen der russischen Rüstungsindustrie.

Die Moskauer Behörden werfen dem Journalisten Spionage vor und erließen Haftbefehl. Der Mann sei auf frischer Tat ertappt worden, als er im Auftrag der US-Seite "Informationen über ein Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes" gesammelt habe, die ein Staatsgeheimnis darstellten.

Das russische Außenministerium erklärte, er habe seine Akkreditierung als Deckmantel für Aktivitäten genutzt, die nichts mit Journalismus zu tun hätten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.

Recherche zu Wagner-Anwerbeversuchen

Das "Wall Street Journal" wies die Anschuldigungen gegen seinen Journalisten "vehement" zurück und forderte dessen Freilassung. "Wir sind solidarisch mit Evan und seiner Familie", hieß es.

"Reporter ohne Grenzen" äußerte sich "zutiefst beunruhigt" über das,  was nach einer Vergeltungsmaßnahme aussehe. Der Organisation zufolge recherchierte der 31-Jährige zu den Anwerbeversuchen des Militärunternehmens Wagner, eine Söldnergruppe, die eine wichtige Rolle bei Russlands Offensive in der Ukraine spielt.

Gudrun Engel, ARD Washington, zu den Reaktionen der US-Regierung auf die Verhaftung des "Wall Street Journal"-Mitarbeiters

tagesthemen, tagesthemen, 30.03.2023 22:15 Uhr

Bericht über russischen Wirtschaftsabschwung

Gershkovich war im vergangenen Jahr zum "Wall Street Journal" gewechselt. Zuvor hatte er unter anderem für die französische Nachrichtenagentur AFP und die "New York Times" geschrieben. Der Reporter spricht fließend Russisch und gehört dem Moskauer Büro des "Wall Street Journal" an.

Sein jüngster Bericht erschien in dieser Woche und handelte vom russischen Wirtschaftsabschwung wegen der vom Westen verhängten Sanktionen nach dem Einmarsch in die Ukraine. Geboren wurde Gershkovich in Russland, seine Familie wanderte in die USA aus, als er noch ein Kind war.

Gershkovich ist der erste Reporter eines US-Medienunternehmens seit dem Kalten Krieg, der in Russland unter Spionagevorwürfen festgenommen wurde. Zwar werden immer wieder US-Amerikaner der Spionage verdächtigt. Es handelt sich jedoch um den ersten Fall eines Journalisten, der offiziell beim russischen Außenministerium akkreditiert ist.

Weißes Haus: US-Bürger sollten Russland sofort verlassen

Die US-Regierung verurteilte die Inhaftierung des Journalisten in Russland "aufs Schärfste". "Die Verfolgung amerikanischer Staatsbürger durch die russische Regierung ist inakzeptabel", teilte das Weiße Haus mit. Washington erneuerte seinen Aufruf an US-Staatsbürger, sofort aus Russland auszureisen.

Die Anwesenheit von US-Amerikanern in Russland sei zutiefst besorgniserregend, sagte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby. Von der Festnahme Evan Gershkovichs und den Vorwürfen gegen ihn sei man überrascht worden. Es habe keine Vorwarnung gegeben und auch keine Anzeichen dafür, dass Russland eine Art größere Aktion gegen Journalisten im Allgemeinen plane, sagte Kirby weiter.

Angeblicher Spionage-Verdacht: US-Reporter des "Wall Street Journal" in Russland festgenommen

Ina Ruck, ARD Moskau, tagesthemen, tagesthemen, 30.03.2023 22:15 Uhr
Peter Mücke, Peter Mücke, ARD New York, 30.03.2023 18:03 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 30. März 2023 um 18:00 Uhr.