
Extremisten in Afghanistan Viele Tote bei Anschlagsserie
Stand: 17.10.2017 16:26 Uhr
Es war offenbar eine konzertierte Aktion der radikalislamischen Taliban: In Afghanistan starben bei mehreren Angriffen auf Polizeieinrichtungen mehr als 70 Menschen. Unter den Opfern sind viele Zivilisten.
Bei einer Reihe von Anschlägen durch die radikalislamischen Taliban sind in mehreren Provinzen Afghanistans mindestens 71 Menschen getötet worden. Das bestätigte der stellvertretende Innenminister, General Murad Ali Murad, in Kabul. Bei einem der schwersten Überfälle in diesem Jahr auf ein Trainingszentrum der Polizei in der Hauptstadt der ostafghanischen Provinz Paktia, Gardes, kamen demnach am Morgen 41 Menschen ums Leben: 21 Sicherheitskräfte, darunter der Polizeichef der Provinz, sowie 20 Zivilisten. 48 Sicherheitskräfte und 110 Zivilisten seien verletzt worden.
"Die meisten Opfer sind Zivilisten, die zum Polizeirevier gekommen sind, um ihre Reisepässe und Personalausweise abzuholen", teilte das Büro von Paktias Gouverneur mit. Unter den Toten seien "Frauen, Studenten und Polizisten", sagte der Chef der staatlichen Kliniken der Provinz Paktia der Nachrichtenagentur AFP. Die Krankenhäuser waren mit der Zahl der Verletzten überfordert und riefen die Bevölkerung zu Blutspenden auf. Vor dem Gebäude standen Studenten Schlange, um Blut zu spenden, wie ein AFP-Fotograf berichtete.
Auch die insgesamt sieben Attentäter starben. Einer hatte sich mit einer Autobombe in die Luft gesprengt, ein zweiter mit einer Sprengstoffweste; fünf weitere Extremisten wurden bei anschließenden Gefechten getötet. Inzwischen bekannten sich die Taliban auf Twitter zu der Tat.
Anschläge in weiteren Provinzen
Wenige Stunden zuvor, gegen 1.00 Uhr in der Nacht, hatten in der an Paktia angrenzenden Provinz Gasni bereits rund 300 Taliban das Gelände von Sicherheitskräften im Bezirk Andar angegriffen, wie der Gouverneur berichtete. Auch hier sprengte sich ein Angreifer mit einer Autobombe in die Luft. In der insgesamt neun Stunden dauernden Attacke wurden laut Innenministerium mindestens 25 Sicherheitskräfte und fünf Zivilisten getötet. Nach Beendigung der Auseinandersetzung fanden afghanische Sicherheitskräfte 13 tote Taliban-Kämpfer auf dem Gelände.
Auch in der westafghanischen Provinz Farah rückten Talibankämpfer in der Nacht an und eroberten kurzzeitig das Regierungsgelände im Bezirk Schibkoh. Die Leiterin des Provinzrats sagte, bei den Gefechten seien vier Polizisten getötet worden.
Einen weiteren Angriff der radikalen Islamisten gab es nach Angaben von General Murad in der Nacht auch in einem Bezirkszentrum der Ostprovinz Wardak. Auch hier zündeten die Taliban zunächst eine Autobombe und griffen dann mit Kämpfern an. Die Attacke wurde abgewehrt, aber drei Sicherheitskräfte starben.
Anschlagsserie Vergeltung für US-Drohnenangriff?
Die Provinz Paktia grenzt an Gebiete in Pakistan, in denen das mit den radikal-islamischen Taliban verbundene Haqqani-Netzwerk aktiv ist. Nur Stunden vor den Anschlägen hatte ein US-Drohnenangriff in der pakistanischen Kurram-Region laut Behörden 26 Haqqani-Kämpfer getötet. Haqqani-Extremisten werden für eine Reihe verheerender Selbstmord-Anschläge in ganz Afghanistan in diesem Jahr verantwortlich gemacht.
Seit dem Ende der NATO-Kampfmission und dem Abzug der meisten internationalen Soldaten Ende 2014 hat sich die Sicherheitslage in Afghanistan dramatisch verschlechtert. Die USA und mehrere NATO-Verbündete wollen nun wieder einige Tausend zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken. Die USA haben ihre Luftangriffe auf Taliban bereits verstärkt.
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