Eine Gruppe Wanderer an der Pasterze im Sommer 2023

Klimawandel in den Alpen Österreichs Gletscher schwinden unaufhaltsam

Stand: 05.04.2024 21:51 Uhr

Bis auf einen haben zuletzt alle Gletscher in Österreich an Eis verloren. Bereits in wenigen Jahrzehnten könnten sie ganz verschwunden sein, hieß es bei der Vorstellung des Gletscherberichts des Österreichischen Alpenvereins.

Die Gletscher in Österreich sind nach Expertenangaben im vergangenen Jahr in rasantem Tempo zurückgegangen. Wenn der Prozess so weitergehe, werde das Land wahrscheinlich in 40 bis 45 Jahren "weitgehend eisfrei sein", sagte der Geograf Andreas Kellerer-Pirklbauer anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Gletscherberichts des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV). 

Demnach haben 92 von 93 beobachteten Gletschern von 2022 auf 2023 an Eis verloren. Zwei von ihnen gingen laut Bericht sogar um mehr als 100 Meter zurück. Der größte Gletscher Österreichs, der Pasterze in Kärnten, schmolz um 203,5 Meter und somit so schnell wie noch nie. Der Rettenbachferner in den Ötztaler Alpen in Tirol schwand um 127 Meter. 

Rückgang des Gepatschferner in Tirol im Zeitraffer (Quelle: ÖAV)

Bericht: Kein Gletscher verfügt über Nährgebiet

Im Schnitt schmolzen die Gletscher nach Angaben des Alpenvereins um 23,9 Meter. Das sei die drittgrößte Gletscherschmelze seit Beginn der Messungen 1891. Den bisher größten Rückgang von durchschnittlich 28,7 Metern hatten die Experten laut eigenen Angaben 2021/22 ermittelt. Fünf Jahre zuvor betrug der Rückgang im Schnitt 25,2 Meter.

Damit wurden die drei Negativrekordwerte innerhalb der vergangenen sieben Jahre gemessen. Eine Trendumkehr hält der Alpenverein für unmöglich. Laut dem Bericht gibt es in Österreich keinen Gletscher mehr, der über ein Nährgebiet verfügt, das die bestehende Eismasse auch nur annähernd erhalten könne.

Forscher Lieb: "Das System ist zu träge"

Ihr Verschwinden in den kommenden Jahrzehnten sei unaufhaltsam, sagte Gerhard Lieb, einer der beiden wissenschaftlichen Leiter des Alpenverein-Gletschermessdienstes. "Das System ist zu träge. Es müsste schon seit Jahren wieder erste positive Massebilanzen geben. Hier geht nichts mehr", sagte er.

Auch Klimaschutzmaßnahmen kämen zu spät. "Die österreichischen Gletscher existieren nur mehr aufgrund der in der Vergangenheit angesammelten Eisreserven", erklärten er und sein Kollege Kellerer-Pirklbauer.

"Warnsignal an die Klimapolitik"

Beide Experten arbeiten am Institut für Geografie der Universität von Graz. Der aktuelle Bericht kann laut den Leitern des Alpenverein-Gletschermessdienstes daher "als Warnsignal an die Klimapolitik" gelesen werden. Das weltweit beobachtete Abschmelzen von Gletschern gilt als eines der deutlichsten Anzeichen für den vom Menschen verursachten Klimawandel.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR2 am 05. April 2024 um 23:00 Uhrin den Nachrichten.