Eine Frau hält einen Mehrwegbehälter in den Händen.

Pilotprojekt in Wiesbaden und Mainz Initiative will Rückgabe von Mehrwegbehältern vereinfachen

Stand: 16.03.2024 15:22 Uhr

Seit vergangenem Jahr gibt es für Speisen und Getränke zum Mitnehmen eine Mehrwegpflicht - einen nachhaltigen Kreislauf hat das bisher aber nicht in Gang gebracht. Das will eine Initiative nun ändern.

Von Katharina Schol, HR

Tim Schröer betreibt rund 20 Bäckereien in Wiesbaden und Mainz. Mehrwegbecher für seinen Kaffee to go hat er schon vor der Mehrwegangebotspflicht angeschafft. Umweltschutz ist ihm wichtig, sagt er. Doch gerade beim Kaffee sei es schwierig. Die Nachfrage nach Mehrweg sei gering, so Schröer. "Es ist bisher einfach gelernte Praxis, dass man seinen Becher wegwirft, wenn er leer ist."

Die Initiative Reusable To-Go will das Problem anpacken. In Wiesbaden und Mainz hat sie das Pilotprojekt "Mehrweg Modell Stadt" gestartet. Das wird unter anderem vom hessischen und rheinland-pfälzischen Umweltministerium unterstützt. Das Ziel: Man will ein einfaches Rückgabesystem für Kundinnen und Kunden und auch für die Betriebe etablieren.

Projektstart mit 3.000 To-go-Bechern

Konkret heißt das aus Kundensicht: Unterschiedliche Mehrwegbecher können bei allen 85 teilnehmenden Filialen zurückgegeben werden und darüber hinaus an 40 Rückgabesäulen in den Städten. "Wir sehen, dass Menschen vor allem da ihre Becher zurückgeben, wo sie oft vorbeikommen, zum Beispiel beim Bäcker im Supermarkt", sagt Robert Reiche von der Initiative Reusable To-Go.

Wer also in Bäckerei A seinen Kaffee kauft, soll ihn auch in Bäckerei B oder C zurückgeben können oder in den Rückgabeautomaten werfen. Gestartet ist das Projekt mit 3.000 Kaffee-to-go-Bechern, deren Stückzahl sich während des Versuchs noch auf 5.000 erhöhen könnte, wenn das System ankommt, so Reiche.

Projekt wird wissenschaftlich begleitet

Die Technische Hochschule Mittelhessen begleitet das Projekt wissenschaftlich. Im vergangenen Jahr hat sie eine Umfrage gemacht, um den Status quo zu ermitteln. Demnach sehen 44 Prozent der Konsumenten die Rückgabe von Mehrweg für Speisen und Getränke als umständlich an.

Bisher sehe die Realität so aus, erklärt Reiche: Die Betriebe kauften Mehrwegverpackungen, weil sie diese anbieten müssten. Kunden, die das Angebot annehmen, brachten sie in den meisten Fällen aber nicht zurück. Die Betriebe müssten nachordern. "Das ist teuer und am Ende kommt der Mehrwegbecher genau so wenig zurück wie der Pappbecher", so Reiche.

Um das Rückgabesystem für die teilnehmenden Unternehmen zu vereinfachen, testet Reusable To-Go, wie attraktiv es für Betriebe ist, nicht selbst spülen zu müssen. Alle Becher werden in Kisten á 25 Stück gesammelt, zweimal die Woche abgeholt und kommen sauber wieder zurück. "Die Bäckerei hat keinen Stress damit, ähnlich wie beim Leergut", sagt Reiche.

"Mehrweg darf nicht teurer sein"

Tim Schröers Filialen machen bei der "Mehrweg Modell Stadt" mit. Die Idee findet er gut, ist von dem Ansatz überzeugt. Weder er noch seine Kunden haben so viel Aufwand. "Das ist wichtig für die Akzeptanz", sagt er. Ob das System aber auch im Alltag bestehen kann? "Am Ende ist es eine Kostenfrage", sagt Schröer. Während des Pilotprojekts zahlt er noch nicht für die Spül-Dienstleistung. Wie viel sie danach kosten könnte, ist noch nicht klar.

Pappbecher kosten Schröer im Einkauf zwischen 10 und 12 Cent. Wenn das Spülen 30 Cent kosten würde, rechnet Schröer, dann müsste er 20 Cent an den Kunden weitergeben. "Mehrweg darf aber nicht teurer sein. Also muss ich dann alles 20 Cent teurer machen." Das sei so nicht umsetzbar. In den vergangenen Jahren habe es schon extreme Preissteigerungen gegeben, auch beim Kaffee - und das wirke sich aus. "Die Anzahl der Kunden stagniert oder geht eher leicht zurück", so Schröer.

Konkurrierende Anbieter machen mit

Beim Pilotprojekt "Mehrweg Modell Stadt" sind verschiedene Anbieter von Mehrwegverpackungen beteiligt, die sonst im Wettbewerb zueinander stehen.

Die Becher sind neutral gehalten, ohne Markenlogos und stattdessen mit einem Barcode versehen. "Wir wissen dadurch, welcher Becher wo gekauft und wo zurückgegeben wurde", sagt Reiche. An einigen Standorten klappe das Konzept besser als an anderen.

Diese Erfahrung hat auch Tim Schröer gemacht: "Es gibt Punkte, an denen viele Personen unterwegs sind, die auf Mehrweg wert legen, und in anderen Filialen läuft es nahezu gar nicht, und die Mehrwegbecher stauben ein." Er hofft, dass Mehrweg immer mehr angenommen wird.

Eine erste Erkenntnis ist, dass die Hälfte der Becher, die in Umlauf sind und zurückgegeben werden, über die Rückgabesäulen zurückkommen. Bisher sei das Projekt gut angelaufen. Robert Reiche ist zufrieden. "Ein Kreislauf ist in Gang gekommen."