Menschen auf dem Sobacilar-Basar in Ankara, Türkei,

Im Dezember Türkische Inflationsrate steigt auf 65 Prozent

Stand: 03.01.2024 10:21 Uhr

Trotz der kräftigen Zinserhöhungen der türkischen Notenbank ebbt die hohe Inflation im Land nicht ab. Die Erhöhung des Mindestlohns im neuen Jahr schürt Befürchtungen vor weiteren Preissteigerungen.

Im Dezember ist die ohnehin schon hohe Inflation in der Türkei weiter gestiegen. Die Verbraucherpreise stiegen im Jahresvergleich um 64,77 Prozent, wie das nationale Statistikamt heute in Ankara mitteilte, gegenüber 62 Prozent im November. Die Inflationsrate ist damit den zweiten Monat in Folge gestiegen und erreicht den höchsten Stand seit gut einem Jahr.

Vor allem Preiserhöhungen in Hotels und Restaurants haben dazu beigetragen, die Inflation vor dem Jahreswechsel zu befeuern. In der Gastronomie haben sich die Preise im Dezember im Jahresvergleich fast verdoppelt. Auch die Schwäche der Landeswährung Lira spielt aber eine Rolle. Im abgelaufenen Jahr wertete sie um 37 Prozent gegenüber dem Dollar ab, was Importe verteuert und die Lebenshaltungskostenkrise der Türkinnen und Türken verschärft.

Kräftige Zinserhöhungen 2023

Im Kampf gegen die Inflation hat die Zentralbank den Leitzins 2023 von 8,50 auf 42,50 Prozent angehoben - bislang jedoch mit wenig Erfolg. Die Inflation stieg nach einer Währungskrise Ende 2021 sprunghaft an und erreichte im Oktober 2022 Jahres einen 24-Jahres-Höchstwert von 86 Prozent.

Im vergangenen Jahr war die Inflation dann wieder spürbar gesunken, zeitweise auf unter 40 Prozent, bevor sich die Teuerung seit dem vergangenen Sommer wieder tendenziell verstärkte. Beobachter machten vor allem mit Blick auf die Präsidentschaftswahl angekündigte massive Ausgabenprogramme des mittlerweile wiedergewählten Präsidenten Recep Tayyip Erdogan dafür verantwortlich.

Nach der Wahl schwenkte auch die türkische Zentralbank in ihrem geldpolitischen Kurs um. Erdogan hatte sich zuvor lange gegen Zinsanhebungen gewährt. Nach seiner Wiederwahl ernannte er die ehemalige Wall-Street-Bankerin Hafize Gaye Erkan zur Zentralbankchefin und den liberalen Ökonomen Mehmet Simsek zum Finanzminister. Sie erhöhten in mehreren Schritten die Leitzinsen - erst im Dezember stieg der Satz um 2,5 Punkte auf 42,5 Prozent.

Mindestlohn steigt 2024 um 49 Prozent

Experten zufolge droht nach der unerwartet kräftigen Anhebung des Mindestlohns eine neue Inflationswelle. "Die Preise werden um mindestens 25 bis 30 Prozent steigen", sagte der Vorsitzende des türkischen Verbands der Schuhhersteller, Berke Icten.

Arbeitsminister Vedat Isikhan hatte angekündigt, dass der monatliche Mindestlohn im neuen Jahr auf 17.002 Lira (519 Euro) steigen wird. Das entspricht einer Erhöhung um 49 Prozent im Vergleich zu dem im Juli festgelegten Niveau. Gemessen am Januar 2023 ist es sogar eine Verdoppelung. Etwa sieben Millionen Türken werden von der höheren Lohnuntergrenze profitieren.

Droht weiterer Anstieg der Inflation?

Wegen der hohen Inflation und der Lira-Schwäche hat die Regierung den Mindestlohn in den vergangenen zwei Jahren alle sechs Monate heraufgesetzt. Arbeitgeber bekommen zwar Unterstützung, um die Folgen zu mildern. Diese falle aber geringer aus als erwartet, erklärten Wirtschaftsverbände.

Die Erhöhung werde sich "erheblich auf die Inflation auswirken", sagte ein Ökonom, der anonym bleiben wollte. Die Inflationsrate könnte im ersten Halbjahr 2024 rund 70 Prozent erreichen. Trotz der kräftigen Anhebung würde der Mindestlohn damit inflationsbereinigt sinken, wenn es Mitte des Jahres keine weitere Erhöhung gebe.