EU will klimaneutrale Autos ab 2035 Welche Folgen hat das Verbrenner-Aus?
Ab 2035 sollen nur noch emissionsfreie Fahrzeuge in der EU zugelassen werden. Was bedeutet die Entscheidung für Autofahrer und was passiert mit den Verbrennern? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was wurde beschlossen?
Die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament haben eine Vereinbarung getroffen: Ab dem Jahr 2035 sollen nur noch klimaneutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Neue Benzin- und Diesel-Autos, die Klimagase ausstoßen, dürfen dann also nicht mehr verkauft werden.
Nachdem sich die Umweltminister schon im Juni darauf festgelegt hatten, wurde gestern also eine endgültige Einigung innerhalb der EU erzielt. Die Unterhändler vereinbarten, dass die sogenannten Flottengrenzwerte für Autos bis 2035 auf null sinken sollen. Sie geben Autoherstellern vor, wie viel CO2 ihre produzierten Fahrzeuge im Betrieb ausstoßen dürfen.
Kommt damit wirklich das Ende für Verbrenner?
Das ist nicht ganz eindeutig. Das Ziel "von hundert Prozent emissionsfreien Fahrzeugen" bis zum Jahr 2035 sei nun "endgültig bestätigt", erklärte zwar der französische Abgeordnete Pascal Canfin, der den Umweltausschuss des EU-Parlaments leitet. Allerdings soll die Entscheidung 2026 noch einmal geprüft werden. Außerdem ist in dem Deal ein Kompromiss enthalten: So soll die EU-Kommission überprüfen, ob der Einsatz von sogenannten E-Fuels für Autos künftig infrage kommen könnte. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die meist aus Wasser und Kohlendioxid gewonnen werden. Sie weisen ähnliche Eigenschaften auf wie Benzin und Diesel - und sind damit eine Art Hintertür für Verbrenner.
Politiker sind sich bei der Frage offenbar uneins. Der liberale Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen schreibt: "Die Europäische Kommission muss den Weiterbetrieb des Verbrennungsmotors auch nach 2035 mit alternativen Kraftstoffen ermöglichen." Grüne und Umweltorganisationen interpretieren das Ergebnis dagegen anders. Der Grünen-Verhandlungsführer Bas Eickhout sprach davon, dass das Ziel, nur noch emissionsfreie Wagen zuzulassen, beibehalten worden sei, bis der Markt vollständig elektrisch sei. Greenpeace geht davon aus, dass E-Fuels künftig höchstens in Sonderfahrzeugen wie Feuerwehr- oder Krankenwagen eingesetzt werden dürften.
Darüber hinaus muss noch der Ministerrat beziehungsweise das Parlament formell zustimmen. Theoretisch könnte dadurch ein solcher Kompromiss auch wieder gekippt werden, wenn sich Regierungen oder Fraktionen quer stellen. Da die roten Linien der Verhandlungsteilnehmenden jedoch vorher bekannt sind, findet sich für die Kompromisse - sobald einer gefunden ist - auch in der Regel eine Mehrheit.
Kann ich nach 2035 noch mit meinem Verbrenner fahren?
Ja. Eingeschränkt würde bei Inkrafttreten des Gesetzesvorhabens nur der Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor. Zwar geht es bei den Flottengrenzwerten um den Ausstoß von Klimagasen, während das Auto gefahren wird, die Null-Emissionsvorgabe würde aber nur für Verkäufer von neuen Autos gelten.
Kann ich noch gebrauchte Autos kaufen oder verkaufen?
Bereits zugelassene Fahrzeuge sind von dem Vorhaben nicht betroffen. Auch ein generelles Verkaufsverbot für gebrauchte Autos mit Verbrennungsmotor ist nicht vorgesehen. Jedoch könnte die Entscheidung Auswirkungen auf dessen Preise haben. Das hängt aber von vielen Faktoren ab. Was die neuen Regeln für andere Bereiche wie den Ausbau von Ladeinfrastruktur oder die Tankstellenabdeckung bedeuten, ist ebenfalls noch offen.
Ist der nächste Schritt ein Fahrverbot für Verbrenner?
Davon ist nicht auszugehen. Pläne, Autos mit Verbrennungsmotor komplett von Straßen zu verbannen, sind bislang nicht im Gespräch. Realistisch ist, dass durch ein Verkaufsverbot klassische Benziner und Diesel automatisch immer seltener werden.
Gilt das Verbot nur für Autos?
Nein, auch kleinere Transporter sind betroffen.
Sollten sich Verbraucher jetzt ein E-Auto anschaffen?
Um auf alle Szenarien in der Zukunft gewappnet zu sein, könnte der Kauf eines Elektroautos durchaus Sinn ergeben - auch aus Klimaschutzgründen und für eine umweltfreundlichere Mobilität. Lange galten E-Autos zudem als günstiger im Betrieb im Vergleich zum Verbrenner. Doch das könnte sich in den aktuellen Zeiten hoher Strompreise geändert haben, wie eine Studie des Center Automotive Research (CAR) zeigt.
Allerdings haben sich in den vergangenen Monaten auch die Spritpreise dramatisch erhöht. Darüber hinaus umfasse ein seriöser Kostenvergleich viel mehr Einflussgrößen als nur die Strom- oder Spritpreise, heißt es vom ADAC. Dazu gehören Versicherung, Kfz-Steuer, Ausgaben für Wartung und Reparaturen, Reifenverschleiß, Kraftstoff/Stromkosten und eine Pauschale für die Wagenwäsche und Wagenpflege. Hinzu kommen noch die Änderungen bei Rabatten und staatlichen Förderungen, die eingerechnet werden müssen.
Wie sieht es mit der Ladeinfrastruktur in Deutschland aus?
Ein Kritikpunkt der Autobauer an dem Verbrenner-Aus ist die noch nicht ausreichende Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Der Bundesnetzagentur wurden zum 1. September knapp 70.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektroautos in Deutschland gemeldet. Anfang 2021 gab es knapp 41.600. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) schätzte das Vorankommen beim Ladesäulenausbau zuletzt als gut ein. Der Verband der Automobilindustrie hatte jedoch immer wieder Zweifel, ob der Ausbau tatsächlich schnell genug vorangeht.