Stadtbahnen der hannoverschen Verkehrsbetriebe auf dem Betriebshof - auf Schildern ist der Schriftzug «Heute Warnstreik» zu lesen.
FAQ

Streiks im Nahverkehr Dürfen Arbeitnehmer zu Hause bleiben?

Stand: 27.03.2023 00:01 Uhr

Heute dürfte der öffentliche Verkehr in weiten Teilen Deutschlands lahmgelegt sein. Was passiert, wenn Arbeitnehmer es nicht pünktlich zur Arbeit schaffen? Ein Überblick.   

Von Michael Nordhardt, ARD-Rechtsredaktion

Dürfen Arbeitnehmer zu Hause bleiben, wenn Busse und Bahnen nicht fahren?

Nein. Den Arbeitnehmer trifft das sogenannte Wegerisiko. Es liegt also in seiner Verantwortung, pünktlich am Arbeitsplatz zu sein. Einfach wegbleiben von der Arbeit - das geht auf keinen Fall. Das Wichtigste ist: mit dem Arbeitgeber sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Wenn der Streik - wie jetzt - angekündigt ist, muss man das im Vorfeld machen. Aber auch wenn mal spontan gestreikt wird, sollte man so schnell wie möglich Kontakt mit seinem Arbeitgeber aufnehmen. Wer einfach so unentschuldigt zu spät kommt oder fehlt, dem droht eine Abmahnung.

Welche Regeln gelten bei angekündigten Streiks?

Bei angekündigten Streiks müssen Arbeitnehmer alles unternehmen, was zumutbar ist, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein. Das bedeutet jetzt für die Streiktage: früher aufstehen, mit dem Auto oder Fahrrad fahren, Fahrgemeinschaften bilden, frühzeitig Staus und Umwege einplanen. Wenn dadurch höhere Kosten entstehen als an einem "normalen" Arbeitstag - zum Beispiel für Benzin -, ist das Sache des Arbeitnehmers.

Michael-Matthias Nordhardt, ARD-Rechtsredaktion, mit FAQ für Passagiere wegen Warnstreik

tagesschau24 11:00 Uhr

Nur im Ausnahmefall kann es sein, dass etwas nicht verhältnismäßig und zumutbar ist: Wenn zum Beispiel für Menschen mit geringem Einkommen lange und teure Taxifahrten nötig würden. Dann könnte es ausnahmsweise in Ordnung sein, an Streiktagen nicht zur Arbeit zu fahren.  

Welche Regeln gelten bei spontanen Streiks?

Auch wenn spontan gestreikt wird, gelten erstmal diese Regeln, und Arbeitnehmer müssen sich bemühen, pünktlich bei der Arbeit zu sein. Die Anforderungen sind dann aber nicht ganz so streng. Angesichts der eingeschränkten Abhilfemöglichkeiten könnten Abmahnungen des Arbeitgebers in solchen Fällen unverhältnismäßig sein.

Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Homeoffice?

Seit der Corona-Pandemie ist Homeoffice viel verbreiteter als zuvor. Einen Anspruch darauf haben Arbeitnehmer allerdings nicht. Dennoch: Wenn der konkrete Job es zulässt, ist Homeoffice an den Streiktagen auch spontan eine Option - vorausgesetzt, der Chef ist einverstanden.

Wer die Auswirkungen der Streiks vermeiden möchte, kann darüber hinaus ein paar Tage unbezahlt frei machen, Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen - auch das in Absprache mit dem Arbeitgeber. 

Werden Arbeitnehmer bezahlt, wenn sie wegen Streiks zu spät kommen?

Nein. Für die Zeit, in der man als Arbeitnehmer nicht arbeitet, wird man nicht bezahlt. Hier gilt der Grundsatz: "Ohne Arbeit kein Geld."

In einigen Situationen wird dieser Grundsatz durchbrochen: Wenn Arbeitnehmer krank sind, zum Beispiel. Dann erhalten sie "Lohnfortzahlung im Krankheitsfall". Oder wenn man bezahlten Urlaub genommen hat. Oder - das ergibt sich aus Paragraph 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) - wenn man als Arbeitnehmer "für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden" an der Arbeit gehindert wird. Beispiele dafür sind etwa die eigene Hochzeit oder Begräbnisse im engsten Familienkreis.  

Ein Streik ist aber keine "in der Person liegende" Verhinderung, weil seine Wirkungen nicht den einzelnen Arbeitnehmer, sondern auch viele andere Menschen treffen. Deshalb bleibt es beim Grundsatz "ohne Arbeit kein Geld".

Müssen Kinder in die Schule, wenn Bus und Bahn streiken?

Auch wenn Busse und Bahnen streiken, bleibt es bei der staatlich angeordneten Schulpflicht, sagen die Kultusministerien. Es findet auch regulärer Unterricht statt. In einigen Bundesländern gelten aber für den Streik am Montag Sonderregeln: Zum Beispiel in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern können Schülerinnen und Schüler ausnahmsweise dem Präsenzunterricht fernbleiben, wenn sie keine alternativen Fahrtmöglichkeiten haben. Die Schule muss dann aber umgehend informiert werden.

In anderen Bundesländern bleibt es bei der Präsenzpflicht. In Nordrhein-Westfalen sollen die Schulleitungen aber "mit Augenmaß vorgehen", wenn Schülerinnen und Schülern der Schulweg faktisch unmöglich wird. Schülerinnen und Schüler in Brandenburg können sich vom Präsenzunterricht befreien lassen, wenn sie auf Bus und Bahn angewiesen sind. In Berlin dürfen Kinder nicht zu Hause bleiben. Niedersachsen und Bremen starten am Montag in die Osterferien.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 26. März 2023 um 22:45 Uhr und SWR 1 Rheinland-Pfalz "Der Vormittag" am 24. März 2023 um 09:00 Uhr.