Eine Tasche mit dem Tui-Logo hängt an einem Sonnenschirm am Strand.

Teure Reisen "Gierflation" in der Reisebranche?

Stand: 07.12.2023 10:46 Uhr

Der weltweit größte Reisekonzern TUI verbucht einen Rekordumsatz. Doch immer mehr Deutsche können sich gar keinen Urlaub mehr leisten. Übertreiben es die Anbieter mit den Preisen?

Es hätte kaum besser laufen können: Für Hoteliers, Fluggesellschaften und Mietwagenfirmen war es ein Super-Sommer. Ob in Spanien, der Türkei oder Griechenland - überall klingelten die Kassen. Auch bei den Reiseveranstaltern. Und so verbucht auch der weltweit größte Reisekonzern, die TUI, für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr einen Rekordumsatz.

Preissteigerungen von mehr als 20 Prozent

Nachdem die Hannoveraner ihren Vorsteuergewinn mehr als verdoppeln konnten, schreibt der Konzern erstmals seit der Corona-Krise wieder schwarze Zahlen. Unter dem Strich verdiente die TUI rund 456 Millionen Euro, nach einem Verlust von über 213 Millionen im Vorjahr.

Um das zu erreichen, mussten die Kunden allerdings tief in die Tasche greifen. Denn der hohe "Umsatz konnte vor allem durch Preissteigerungen erreicht werden", sagt Michael Gierse, Tourismus-Experte bei der Fonds-Gesellschaft Union Investment. "Das heißt, die Preise sind um über 20 Prozent höher als vor Corona, während die Passagierzahlen noch etwas mehr als zehn Prozent unter 2019 liegen."

Wie allen Tourismus-Unternehmen gelang es auch der TUI, die stark angezogenen Preise für Treibstoff, Energie, Personal und Nahrungsmittel voll an die Kunden weiterzureichen - und offenbar auch noch deutlich mehr. Denn die Preissteigerungen liegen weit über den hohen Inflationsraten der vergangenen Monate.

Appell des Reiseverbands

Somit dürfte der Reisekonzern zu den Unternehmen gehören, denen die Europäische Zentralbank (EZB) mehrfach vorgeworfen hat, die Preise über das notwendige Maß hinaus nach oben geschraubt zu haben - ein Phänomen, das auch unter der Bezeichnung "Gierflation" bekannt ist. Vor allem deutsche Unternehmen sollen hier besonders kreativ sein, ist immer wieder aus Notenbank-Kreisen zu hören.

Selbst der Deutsche Reiseverband (DRV), sonst eher vorsichtig mit Kritik an seinen Mitgliedern, will das nicht ausschließen. Natürlich habe die weltweit hohe Inflation die Kosten aller Anbieter kräftig steigen lassen, sagt Torsten Schäfer vom DRV. Aber man dürfe es auch nicht übertreiben.

Deshalb "gilt die Aufforderung an alle, sowohl an die Urlaubsländer, als auch an die Fluggesellschaften und natürlich auch an die Reiseveranstalter insgesamt, die Preisschraube nicht zu überdrehen", so Schäfer. Urlaub müsse auch für Durchschnittsverdiener bezahlbar bleiben.

Problem etwa für Alleinerziehende

Das allerdings wird für immer mehr Menschen zunehmend schwieriger. Nach einer Untersuchung des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) können sich mehr als 20 Prozent aller Deutschen keinen Sommerurlaub mehr leisten. Das ist etwa jeder Fünfte, Tendenz steigend. Die stark gestiegenen Kosten für Energie, Nahrungsmittel und Wohnung lassen ihnen keinen finanziellen Spielraum mehr. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende mit Kindern.

Große Teile der Reisebranche sehen das mit Unbehagen. Vor allem im Bereich der Billigreisen - einem nicht unbedeutenden Marktsegment - brechen damit die Kunden weg. Tatsächlich liegt die Zahl der Pauschalreisen in diesem Jahr immer noch zwölf Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau. Der Deutsche Reiseverband sieht hier auch die Politik in der Pflicht. "Die Nachfrage muss hier stimuliert werden, es braucht Entlastungen von der Politik", sagt Torsten Schäfer. "Insgesamt geht es darum, dass die Menschen wieder mehr Geld für den Konsum in der Tasche haben."

Auch für die anstehende Winter- und die kommende Sommersaison gibt es wenig Entwarnung. Zwar flacht die Teuerungskurve auch im Tourismussektor etwas ab. Die Branche erwartet aber dennoch weiter steigende Preise. Für die Aktionäre der TUI sind das natürlich gute Nachrichten: Das in Corona-Zeiten schwer gebeutelte Papier, das teilweise nur noch ein Penny-Stock war, legte gestern zeitweise um bis zu elf Prozent zu.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 06. März 2023 um 07:35 Uhr.