Ein Bäcker legt in der Backstube Baguettes aus dem Ofen auf ein Brett.
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Trotz gesunkener Getreidepreise Warum Brot wohl nicht günstiger wird

Stand: 06.04.2024 07:42 Uhr

In den vergangenen zwei Jahren sind Backwaren deutlich teurer geworden. Dabei sind die Preise für Getreide zuletzt wieder gesunken. Warum Brot wohl trotzdem nicht günstiger wird.

Von Joanna Thurow, br

In der Bäckerei Brücklmaier in München kostet eine Brezel aktuell 95 Cent. Vor zwei Jahren waren es noch 85 Cent. Auch bei anderen Backwaren musste der Bäcker die Preise erhöhen.

Das Statistische Bundesamt stellte für die Zeit zwischen Februar 2022 und Februar 2024 eine Preiserhöhung von etwa 30 Prozent für Brot und Getreideerzeugnisse fest. Die Gründe für die Preiserhöhungen bei Lebensmitteln waren unter anderem gestiegene Kosten für Energie und Löhne, aber auch für Rohstoffe.

Getreide nach Rekordpreisen wieder günstiger

Die Preise für Brotgetreide werden an einer eigenen Börse gehandelt; gewisse Preisschwankungen sind also normal. Kurz nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine waren die Preise aber stark gestiegen: auf mehr als 400 Euro pro Tonne im Mai 2022.

In den vergangenen Monaten ging es mit den Preisen aber wieder nach unten, auf zuletzt zirka 196 Euro pro Tonne. Wenn Getreide - beziehungsweise Mehl - der wichtigste Rohstoff für den Bäcker ist: müssten dann nicht auch die Brotpreise wieder sinken? 

Der Mehlpreis ist nur ein Faktor

Bäckermeister Sebastian Brücklmaier erklärt, dass das Mehl zwar der Hauptrohstoff für seine Produkte sei. Aber Mehl und andere Rohstoffe würden nur etwa 20 Prozent der Kosten seines Betriebs ausmachen.

Dieser Wert deckt sich mit Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks. Demzufolge ist der größte Kostenfaktor mit 40 bis 50 Prozent das Personal. Material und Rohstoffe schlagen mit 18 bis 25 Prozent zu Buche. Der Mehlpreis hat also nur einen geringen Einfluss auf die Preise an der Bäckertheke.

Energiepreise teilweise verzögert gestiegen

Die Energie macht etwa acht bis zwölf Prozent der Kosten aus; teilweise sind die Preise dafür aber erst verzögert gestiegen. Viele Bäckereien hatten langfristige Verträge mit den Energieversorgern, die nun nach und nach ausgelaufen sind. 

"Die Neuabschlüsse waren wesentlich teurer. Ich kann für uns als Betrieb sprechen: Das bedeutet in etwa das Dreifache an Kosten", so der Bäcker.

Getreidepreise wirken sich später auf den Mehlpreis aus

Dazu kommt: Nur weil die Getreidepreise sinken, folgen daraus nicht automatisch günstigere Mehlpreise. Brücklmaier bezieht sein Mehl aus der Region; er wird von der Vogtmühle im schwäbischen Illertissen beliefert.

Die Geschäftsführerin der Mühle, Isabel Vogt, spürt zwar eine Entlastung bei den Getreidepreisen. Allerdings habe ihr Unternehmen noch einige Tonnen Getreide von Landwirten aus der Region eingelagert: "Wenn die Getreidepreise sinken, können wir nicht automatisch den Preis senken. Das ist dann immer etwas zeitverzögert in einem ein- bis zweimonatigen Zyklus."

Es kann also sein, dass der Mehlpreis für Bäcker Brücklmaier tatsächlich wieder etwas günstiger wird. Aktuell zahlt er für die Tonne Mehl 440 Euro, in der Spitze hat er aber auch schon mal 530 Euro pro Tonne gezahlt.

Forderung nach mehr Wertschätzung für das Handwerk

Die Berufsorganisation "Die Freien Bäcker" erklärt, dass die Kosten gerade für kleinere Handwerksbetriebe nicht sinken werden - im Gegenteil. Sie fordert deshalb mehr Wertschätzung für das Bäckerhandwerk.

"Ursache dafür, dass Brote und Backwaren in der Handwerksbäckerei gefühlt "teuer" sind, ist nach wie vor die Wettbewerbsungleichheit: die Ungleichheit zwischen einerseits dem Konzept bäuerliche Landwirtschaft und Lebensmittelhandwerk (…) und andererseits einer konzentrierten, kapitalintensiven Agrar- und Lebensmittelindustrie (…)", heißt es von der Organisation.

Bäcker Brücklmaier betont, dass er längst nicht seine gesamten gestiegenen Kosten an die Kundschaft weitergegeben hat. Er versucht nach wie vor, die Belastungen so gut es geht abzufedern. Dass Brot und Backwaren in den Bäckereien wieder günstiger werden, ist also eher unwahrscheinlich - selbst wenn die Getreidepreise am Weltmarkt weiter sinken sollten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. Januar 2024 um 17:18 Uhr.