Mehrere Taxen parken in einer Straße.

In der Kostenfalle  Taxifahrer im Dauerkrisenmodus

Stand: 28.09.2022 11:05 Uhr

Erst kam die Konkurrenz durch Uber und Co., dann blieben wegen Corona die Fahrgäste aus, jetzt steigen die Spritpreise und der Mindestlohn. Taxifahrer haben es schwer - doch auf dem Land werden sie dringend gebraucht.

Von Kerstin Breinig, rbb

Seit mehr als 40 Jahren ist Richard Leipold Taxiunternehmer. In den guten Zeiten schickte er 32 Taxifahrer auf die Straßen Berlins, jetzt sind es noch drei. Und auch die könnten bald Geschichte sein. Denn es rechnet sich nicht mehr. "Wir machen - wie befürchtet - seit zwei Monaten Miese", erzählt Leipold.

In den nächsten Monaten werde sich das verstärken. Im September fiel der Tankrabatt weg, ab 1.Oktober steigt der Mindestlohn. Zwölf Euro pro Stunde muss er dann zahlen, noch einmal 1,55 Euro mehr. Bei einem Durchschnittsverdienst von 19 bis 26 Euro pro Stunde bleibt dann nichts mehr. Denn auch die gestiegenen Spritkosten und die Unterhaltskosten für die Fahrzeuge müssen damit finanziert werden. Nicht nur für Leipold ist das unwirtschaftlich. Der geltende Taxi-Tarif federe die Mehrkosten nicht ab, hätte schon vor langer Zeit angehoben werden müssen, sagt er.

Bundesweit verschwinden Taxis

Im August gab es in Berlin 2045 Taxiunternehmen - knapp 250 weniger als vor einem Jahr. So steht es in der Statistik der Berliner Taxi-Innung. Dort befürchtet man jetzt das große Taxisterben. Zwar haben sich die Fahrgastzahlen von der Corona-Pandemie einigermaßen erholt, auch wenn sie nicht das Vorkrisenniveau erreichen. Doch was hilft das, wenn jeder Kunde Geld kostet, statt einfährt?  

Berlin ragt beim Taxisterben wie ein Leuchtturm heraus, sagt Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e.V. Denn in der Hauptstadt sei die Konkurrenz groß. Doch auch in Frankfurt oder Hamburg seien Bolt oder UBER ein echtes Problem, weil sie zum Teil deutlich niedrigere Preise anbieten würden. Dazu kommen in den Großstädten andere Alternativen: Leihräder, Carsharing, Roller oder der öffentliche Nahverkehr. Die gibt es in den ländlichen Regionen nicht. Doch auch dort zieht sich das Taxigewerbe zurück, weil es sich nicht rechnet.

Versorgung des ländlichen Raums

Auf der Strecke bleiben immobile Menschen. Für den Bundesverband ist das ein Problem, das politisch gelöst werden muss. Denn das Taxi gilt als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs. Wenn der in der Zukunft gestärkt werden soll, wollen auch die Taxis davon profitieren. Vorstellbar, so der Bundesverband, seien zum Beispiel Verträge mit Kommunen, um dort den Personenverkehr auszubauen. "Statt leere Busse übers Land zu schicken, macht es vielleicht Sinn, Taxis zu nutzen und zu subventionieren", sagt Oppermann.  Ruf-Taxi statt drei Mal täglich Bus also. Was man könne, habe man in der Pandemie bewiesen, als Taxis zu Impfzentren fuhren oder Krankentransporte übernahmen.  

Doch solche Ansätze brauchen Zeit. Die schnellere Lösung: Preiserhöhungen, um die Mehrkosten auszugleichen. Doch auch das dauert. Denn die Taxitarife und ihre Anpassung ist im Personenbeförderungsgesetz geregelt und bedarf der Genehmigung durch die Behörden, eben weil das Taxi Teil des ÖPNV ist. Subventionen sind dabei nicht vorgesehen. Heißt: Anders als bei Bussen und Bahnen müssen die Fahrgäste allein für die Kosten aufkommen beziehungsweise die Unternehmer mit dem eingefahrenen Geld klarkommen.

"Stiefkind des ÖPNV"

Auch deshalb sehen sich die Taxiunternehmen als "Stiefkinder des ÖPNV". Das Gesetz regelt auf der anderen Seite die Pflichten. Eigene Preise dürfen Taxifahrer nicht erheben, sie müssen 24 Stunden am Tag befördern, um Mobilität zu gewährleisten. Also verfügbar sein, auch wenn sie nicht gebraucht werden und nur warten - unbezahlt. Damit rechnet es sich dann eben nicht mehr.

Doch die Erhöhung der Tarife birgt die Gefahr, dass noch weniger Kunden einsteigen. Taxifahren wird exklusiver - und für weniger Menschen bezahlbar. Vielleicht, so sagt es Richard Leipold, der Berliner Taxiunternehmer, sei die Zeit der Taxen einfach vorbei. Wie lange er noch weitermachen kann, weiß er nicht. Zumindest in Berlin ist über die Preiserhöhung noch nicht entschieden worden. Der Mindestlohn allerdings steigt zum 01.Oktober.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR aktuell am 28. November 2020 um 19:30 Uhr.