Lufthansa-Chef Carsten Spohr

Schnelle Rückzahlung Lufthansa will Staatshilfen loswerden

Stand: 01.06.2021 15:21 Uhr

Die vom Staat gerettete Lufthansa will den Retter so schnell wie möglich loswerden, darin sind sich Management und Investoren einig. Aber auch der Staat könnte davon profitieren.

Von Thomas Spinnler, tagesschau.de

Für die Lufthansa ist die Rückzahlung der Staatshilfen seit längerem ein wichtiges Thema. Vorstandschef Carsten Spohr hatte bereits auf der Hauptversammlung Anfang Mai unterstrichen, dass die Fluggesellschaft sich lieber am Kapitalmarkt als beim Steuerzahler finanziere. Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister teilt die Einschätzung seines Chefs.

Hohmeister, der als Vorstand die Passagier-Airlines Lufthansa, Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings verantwortet, sagte jetzt den Zeitungen der Funke Mediengruppe, der Konzern wolle sich lieber wieder am Kapitalmarkt finanzieren, weil es viel günstiger sei. Die staatlichen Stabilisierungshilfen wolle der Konzern "so rasch wie möglich" zurückzahlen. Einen Zeitrahmen gibt es allerdings nicht.

Die Rückzahlung hat längst begonnen: Von den insgesamt neun Milliarden Euro, die Deutschland, die Schweiz, Österreich und Belgien für die Lufthansa bereitgestellt haben, hat die Fluggesellschaft nach Angaben von Spohr bislang 2,3 Milliarden abgerufen. "Davon wiederum haben wir durch die Rückzahlung des KfW-Kredits eine Milliarde Euro sogar bereits wieder getilgt."

 

Die hohen Zinskosten drücken

Warum will die Lufthansa die Staatshilfen alsbald zurückzahlen? Im Wesentlichen gebe es dafür zwei Gründe, erklärt Wolfgang Donie, Luftfahrtexperte bei der Nord/LB, gegenüber tagesschau.de: "Das sind erstens die immens hohen Zinskosten, die mit den Krediten verbunden sind. Die Verzinsung ist gestaffelt, bis zum Jahr 2027 könnte sie für Teile der Kredite auf bis zu 9,5 Prozent steigen."

Am Markt könne sich die Lufthansa zumindest in gewissem Umfang deutlich billiger mit Krediten versorgen, unterstreicht der Fachmann. Auf längere Sicht fällt dieser Unterschied finanziell naturgemäß massiv ins Gewicht. Insofern kann man laut Donie sagen, dass der Staat bei der Vereinbarung der Kreditkonditionen selbst einen Anreiz für seinen Ausstieg geschaffen habe.

Auflagen für das Management

Das Management dürfte sich bei seiner Arbeit aber auch durch Auflagen gestört fühlen, die mit der Gewährung der Finanzspritzen verbunden sind. Donie fasst zusammen: "Der Staat hat gewisse Mitspracherechte bei der Unternehmensleitung, beispielsweise bei Nachhaltigkeitsthemen. Ferner werden etwa Übernahmen erschwert, auch wenn das angesichts der finanziellen Lage der Lufthansa derzeit kein vordringliches Thema ist."

Das ist noch nicht alles: "Für die Aktionäre fällt die Beschränkung der Dividendenzahlung schon eher ins Gewicht, denn sie wollen schließlich am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden", stellt der Analyst fest. Auch bei der Managementvergütung gibt es Beschränkungen, mit der sich die Führungsebene auseinandersetzen muss.

Rückenwind für die Lufthansa

Die Lufthansa hatte zu Beginn der Pandemie im Prinzip keine andere Wahl, als auf die Hilfe des Staats zurückzugreifen. Die Corona-Krise hatte Deutschlands größte Fluggesellschaft an den Rand der Pleite gebracht, die nur mithilfe der staatlichen Rettungsmilliarden verhindert werden konnte. Im vergangenen Jahr verbuchte die Lufthansa einen Verlust von 6,7 Milliarden Euro.  

Im aktuellen Geschäftsjahr dürfte es deutlich besser laufen, denn die sinkenden Corona-Infektionszahlen, der Erfolg der Impfungen und der Wegfall vieler Reisebeschränkungen wirken sich bereits positiv auf die Buchungen aus: "Für Flüge im Juli und August ist die Nachfrage zehn- bis elfmal so hoch wie noch vor vier Wochen", so Hohmeister. Deshalb werden demnächst sogar außer Betrieb genommene Flieger wieder reaktiviert.

Dabei steckt die gesamte Branche in einem tiefgreifenden Wandel: "Die Lufthansa setzt zukünftig verstärkt auf das Tourismus-Geschäft, weil Geschäftsreisende aufgrund der Entwicklungen der vergangenen Monate künftig vermutlich deutlich weniger auf das Flugzeug zurückgreifen werden müssen", erläutert Donie.  

Guter Deal für den Steuerzahler?

Der Bund hatte auch 20 Prozent der Aktien der Fluggesellschaft für rund 300 Millionen Euro erworben und ist damit der größte Einzelaktionär. Inzwischen ist die Beteiligung dank des deutlich gestiegenen Aktienkurses mehr als 1,2 Milliarden Euro wert. An der Börse liegt der aktuelle Marktwert der Lufthansa bei rund 6,2 Milliarden Euro.  

In der Krise war der Kurs der Aktie von mehr als 15 Euro zeitweise unter die Marke von sieben Euro gefallen. Aktuell notiert der Anteilsschein über der Marke von zehn Euro.

Das wirft die Frage auf, ob die Staatshilfen im Ergebnis für den Steuerzahler ein gutes Geschäft sein werden. Ob der Staat mit Gewinn aus dem Geschäft mit der Lufthansa aussteigen wird, lässt sich aktuell noch nicht mit Sicherheit sagen: "Im Augenblick sieht es danach aus", meint der Luftfahrtexperte. Aber die Pandemie ist noch nicht überstanden: "Es ist immer noch möglich, dass sich die Lage für die Fluggesellschaften wieder verschlechtert, etwa, wenn es zu erneuten Reisebeschränkungen kommt."

Einen Erfolg werden sich alle Beteiligten wünschen: Der Staat profitiere im Erfolgsfall natürlich davon, dass die Rettungsmaßnahmen als effektiv und wirksam gewertet würden und kein Steuergeld verbrannt worden sei, so Donie.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Juni 2021 um 09:00 Uhr.