Ein mit Schnee bedeckter ICE
Hintergrund

Winterfahrplan der Bahn Kleine Schritte Richtung "Deutschlandtakt"

Stand: 11.12.2022 02:53 Uhr

Der Winterfahrplan der Bahn tritt in Kraft. Das Unternehmen wirbt mit einem größeren Angebot und moderneren Zügen. Tatsächlich steigen die Fahrgastzahlen. Doch damit kommt das System auch näher ans Limit.

Alle halbe Stunde von Köln nach München, mehr Verbindungen zum Frankfurter Flughafen und mehr Nachtzüge ins internationale Ausland: das sind einige der Verbesserungen, mit denen die Bahn für ihren Winterfahrplan wirbt, der ab heute gilt. "Wir haben für mehr Fahrgäste deutlich mehr Plätze. Die Zahl der Züge steigt, die Zahl der Sitzplätze steigt", sagt Bahn-Pressesprecher Achim Stauß.

Mit dem Stichtag wähnt sich das Unternehmen einen Schritt näher am großen Ziel: dem "Deutschlandtakt". So nennt sich die Idee eines bundesweiten Fahrplans, in dem alle wichtigen Verbindungen aufeinander abgestimmt sind. Das Bild eines Deutschlands, in dem Reisende weitgehend auf Flugzeug und Auto verzichten, weil die Bahn so schnell und passend zum Anschlusszug fährt - und fast immer pünktlich. Diesem Idealzustand will sich die Bahn Stück für Stück annähern. Bis zum Jahr 2030 sollen sich die Fahrgastzahlen verdoppeln, und die Vision "Deutschlandtakt"" soll schon fast Realität sein.

In der Gegenwart kann die Bahn erst einmal Vorzeigeprojekte präsentieren wie die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Auf der fahren nun zwischen Köln und München zwei Züge pro Stunde und Richtung. Für Stauß "ein weiterer Schritt in Richtung 'Deutschlandtakt'. Und man ist 15 Minuten schneller am Ziel".

Netz fast am Limit

Auch Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn sieht den Winterfahrplan überwiegend positiv: "Es gibt viele kleine Verbesserungen." Die Schritte der Bahn führten in die richtige Richtung. "Aber manche Verbesserung bringt für andere Verschlechterungen mit sich. Das Netz ist eben nahezu voll ausgelastet. Ein schönes Beispiel ist der RE2 zwischen Berlin und Cottbus. Der kriegt mehr Halte - wird aber auch langsamer." Dadurch verschieben sich die Ankunftszeiten des RE2.

Die Folge: Reisende verpassen - ärgerlich knapp - den Folgezug. "Wenn sie aus Westen kommend zusteigen wollen, sehen sie nur noch die Rücklichter", sagt Naumann.

Das Beispiel zeigt die Zwänge, in denen die Bahn steckt. Das Netz ist fast ausgelastet, jede Änderung muss vorsichtig überlegt sein. Einfach mehr Züge auf die Strecke zu schicken, geht nicht so einfach - sie würden die ohnehin schon enge Taktung schnell überlasten. Zudem müssen Züge Jahre im Voraus bestellt werden, Werkstätten müssen ausgerüstet, Personal muss ausgebildet werden.

Kleine Schritte, keine Wunder

Fahrgast-Lobbyist Naumann weiß selbst, dass vom Staatskonzern keine Wunder erwartet werden können: "Die Bahn macht das weitgehend so gut wie es geht." Auch für Verspätungen durch die zahlreichen Baustellen hat er Verständnis: "Wenn Sie 20, 30 Jahre nicht ausreichend in die Infrastruktur investiert haben, dann muss das jetzt brutal nachgearbeitet werden."

Dass das Netz nicht viel mehr Verkehr vertragen würde, räumt auch Stauß ein: "Wir wollen die Infrastruktur maximal nutzen, dafür haben wir sie ja gebaut." Viel mehr als das, was das Unternehmen momentan auf die Schiene bringt, geht also nicht. Dabei erfreut sich die Bahn wachsender Beliebtheit. Und das wird fast schon zum Problem. "Im Sommer und Herbst hatten wir im Fernverkehr sogar mehr Fahrgäste als vor der Pandemie", so Stauß. "Unser Netz ist in den letzten Jahren nicht so stark gewachsen wie der Zugverkehr. Bahnknoten wie Hamburg und Köln oder Strecken durch das Ruhrgebiet sind teilweise zu mehr als 100 Prozent ausgelastet."

Mehr Bahnkunden, mehr Bauarbeiten

Gründe für den wachsenden Zuspruch gibt es viele: Mehr Menschen machen Urlaub im Inland, die Bahn hat attraktivere neue Züge angeschafft und die Preise flexibilisiert. Außerdem passt das umweltfreundliche Image der Bahn zum Zeitgeist. "Wir merken das sehr deutlich an den Zahlen und auch bei den Kundenbefragungen", so Stauß.

Um der Nachfrage gerecht zu werden - und dem Traum vom "Deutschlandtakt" möglichst schnell näher zu kommen - will die Bahn zu drastischen Maßnahmen greifen. Zukünftig sollen wichtige Strecken geradezu im Hau-Ruck-Verfahren generalsaniert werden. Danach sollen sie auf Jahre benutzbar sein, ohne dass ausgebessert werden muss. Den Anfang soll 2024 die Strecke Frankfurt-Mannheim machen. Der Haken daran: Für die umfangreichen Bauarbeiten muss die Strecke ein paar Monate voll gesperrt werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 11. Dezember 2022 um 08:55 Uhr.