Schweizer Banken führen Negativzinsen ein Wer spart, macht Miese

Stand: 27.08.2011 13:00 Uhr

Harte Zeiten für Sparer, die ihr Geld in der Schweiz angelegt haben: Im Kampf gegen den starken Franken senkte die Nationalbank die Zinsen praktisch auf Null. Etliche Banken führten sogar Negativzinsen ein - mit der Folge, dass die Geldanlage nicht nur nichts bringt, sondern sogar kostet.

Von Mathias Zahn, ARD-Hörfunkstudio Zürich

Wer in der Schweiz ein Haus oder eine Eigentumswohnung kaufen will, profitiert von den Hypothekenzinsen, die nahe Null liegen. Die Sparer dagegen schauen in die Röhre. Joachim Klement von der Zürcher Unternehmensberatung Wellershoff und Partners beobachtet seit einiger Zeit, "dass die Zinsen, die man auf dem Sparkonto oder auf Geldmarktanlagen bekommt, praktisch Null waren oder sogar genau Null waren."

Seit vergangener Wochen hätten verschiedene Banken in der Schweiz auch begonnen, Negativzinsen einzuführen. "Das heißt, Sie bekommen nicht nur keinen Zins mehr, sondern Sie müssen noch eine zusätzliche Gebühr dafür bezahlen, dass Sie Ihr Geld bei der Bank deponieren", fügt er hinzu.

Eine Beispielrechnung: Der Negativzins liegt bei 0,1 Prozent. Wer 10.000 Franken auf einem Festgeldkonto anlegt, muss zehn Franken Gebühr zahlen. Am Ende der Laufzeit von einem Jahr gibt es statt 10.000 nur 9990 Franken zurück.

Dies führe zu der paradoxen Situation, dass es bei gewissen Schweizer Banken ratsam sei "das Geld einerseits auf dem Girokonto liegen zu lassen, wo es immer noch Null erwirtschaftet, oder es sich als Bargeld auszahlen zu lassen und zu Hause in der Matratze oder im Tresor zu lagern", empfieht Klement.

Staat profitiert vom Schuldenmachen

Paradox ist auch, dass die Regierung der Schweiz vom Schuldenmachen neuerdings sogar profitieren kann. Der Schweizer Staat könne im Augenblick kurz laufende Schweizer Staatsanleihen von bis zu zwölf Monaten Laufzeit ausgeben und sich somit kurzfristig refinanzieren. "Und durch die Negativzinsen für sehr kurz laufende Guthaben verdienen sie dadurch noch", ergänzt der Berater.

Das heißt: Die Anleger zahlen bei der Zeichnung der Staatsanleihen mehr als sie später zurückbekommen. In dieser Woche gab die Schweiz zum ersten Mal überhaupt Staatsanleihen mit einem Negativzinssatz von einem Prozent heraus - und die wurden ihr quasi aus den Händen gerissen.

Flucht in Schweizer Staatsanleihen

Anleger waren bereit, fast neun Milliarden Franken in das Verlustgeschäft zu investieren. "Viele Anleger in der Eurozone flüchten sich derzeit in den Schweizer Geldmarkt und Schweizer Staatsanleihen. Sie tun damit etwas, das eigentlich sehr irrational ist. Denn aus Angst vor möglichen Verlusten bei europäischen Staatsanleihen flüchten sie sich in Schweizer Staatsanleihen, wo sie einen sicheren Verlust haben", sagt Klement. Das mache keinen Sinn.

Selbst wenn eine Anlage Rendite bringen sollte, rät er Anlegern aus dem Euroraum derzeit davon ab, ihr Geld in Schweizer Franken zu investieren: Denn der Schweizer Franken sei gegenüber dem Euro massiv überbewertet, wogegen sich die Schweizer Nationalbank konsequent dagegen stemmt, indem sie versucht, den Franken gegenüber dem Euro abzuschwächen. "Dass heißt, was immer sie an Rendite im Schweizer Franken bekommen, kann ihnen durch die Wechselkurs-Verluste ganz schnell wieder vernichtet werden."