US-Notenbank senkt Leitzins auf Rekordtief Geld fast zum Nulltarif

Stand: 17.12.2008 01:28 Uhr

In einem radikalen Schritt hat die US-Notenbank den Leitzins praktisch auf Null gesenkt. Er liegt nun in einem Korridor zwischen 0,0 und 0,25 Prozent. Die Notenbank verabschiedet sich damit faktisch von der traditionellen Zinspolitik.

Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkstudio Washington

Für eine Sekunde war selbst der erfahrene CNN-Wirtschaftsexperte Ali Velshi hochgradig irritiert, als er versuchte, den soeben von der US-Notenbank Fed beschlossenen Zinssatz vorzulesen. Der erwartete klar definierte Zins-Satz war de facto ein Zins-Korridor von 0,25 bis 0 Prozent . "Sehr ungewöhnlich" befand der CNN-Fachmann, der seit Jahren alle Entscheidungen der US-Notenbank verkündet und den eigentlich keine Fed-Entscheidung überraschen kann.

Ratlos fragte der Notenbank- Korrespondent seine Moderatorenkollegin des US-Nachrichtensenders: "Hast Du schon mal so etwas in Deiner Zeit gesehen?" Doch auch die CNN-Kollegin war von diesem historisch beispiellosen Schritt der amerikanischen Notenbank zwangsläufig überrascht. Praktisch zum Nulltarif können sich jetzt Amerikas Geldinstitute bei der Notenbank Geld leihen. Die Zentralbank hat damit den Leitzins radikaler gesenkt als von den meisten Fachleuten erwartet.

Weiter handlungsfähig wirken

Gleichzeitig vermieden es die US-Notenbanker, den Zinssatz einfach klar mit "null Prozent" zu definieren. Fed-Chef Ben Bernanke möchte offenbar unbedingt den Eindruck vermeiden, er habe sein geldpolitisches Instrumentarium komplett ausgeschöpft. Der Begriff "Zinsspanne" suggeriert, dass die Notenbank zumindest innerhalb einer Viertelprozent-Marge noch entscheidungs- und handlungsfähig ist. "Sehr ungewöhnlich", kommentierte CNN-Börsenexperte Velsh und fügte ratlos hinzu: "So ungewöhnlich, wie die Zeiten halt sind".

Im Kampf gegen die Rezession schöpfe man halt alle Mittel aus, so die Begründung der US-Notenbanker. Schließlich werde von Woche zu Woche in den USA weniger gekauft, investiert und produziert. Außerdem verschlechtere sich permanent die Lage auf dem Arbeitsmarkt. 533.000 verlorene Jobs allein im November. Die höchste Zahl von Anträgen auf Arbeitslosenunterstützung seit 26 Jahren. Und düstere Aussichten für das kommende Jahr bestimmen die Situation.

"Die klassische Munition zur Rezessionsbekämpfung geht uns allmählich aus", sorgt sich der designierte US-Präsident Barack Obama angesichts des Zinssenkungs-Marathons der Notenbank. Doch die Zentralbanker um Bernanke geben sich betont gelassen und verweisen auf die Pfeile, die sie noch im Finanzmarkt-Köcher haben.

Weitere Maßnahmen geplant

So plant die FED in den kommenden Monaten, durch den Kauf sogenannter "hypothekengestützter Wertpapiere", die Lage auf dem Häuser- und Hypothekenmarkt zu entspannen. Nach Informationen des renommierten Wallstreet-Journals erwägt die US-Notenbank zum ersten Mal in ihrer fast hundertjährigen Geschichte die Ausgabe eigener Anleihen, um sich selber zusätzliches Geld zu besorgen und damit US-Firmen vor dem Zusammenbruch zu retten.

Für Amerikas zukünftigen Präsidenten steht fest: Die Notenbank allein sei mit der Bekämpfung der Wirtschaftskrise überfordert, deshalb werde seine Regierung umgehend ein Konjunkturprogramm auflegen, kündigte Obama an. Einen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin: Die US-Börsen reagierten auf die radikale Leitzinssenkung der Notenbank mit einem Kurssprung.