Fragen und Antworten Worum es beim Kita-Tarifstreit geht

Stand: 20.04.2015 08:52 Uhr

Was sind die Knackpunkte in dem Tarifkonflikt? Was fordern die Gewerkschaften? Welche Einrichtungen sind betroffen und was verdienen eigentlich Erzieherinnen? tagesschau.de gibt Antworten.

Wie viele Kitas sind vom Streik betroffen?

In Deutschland gibt es insgesamt 53.415 Kindertageseinrichtungen in denen mehr als 3,2 Millionen Kinder betreut werden.

Der Großteil der Kitas - mehr als 35.000 Einrichtungen - ist in der Hand von freien Trägern wie Caritas oder Arbeiterwohlfahrt. Diese Kitas sind nicht von dem Tarifkonflikt betroffen. Bestreikt werden ausschließlich die etwa 17.500 Kitas öffentlicher Träger. Dort sind rund 1,8 Millionen Kinder angemeldet.

Wer arbeitet in Kitas?

Laut Statistischem Bundesamt arbeiten etwa 500.000 Menschen als pädagogisches Personal in Kindertageseinrichtungen. Der größte Teil der Beschäftigten sind Frauen: Laut derGewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind 96 Prozent Erzieherinnen. Noch höher ist der Frauenanteil demnach bei den Kinderpflegerinnen und -pflegern: Dort sind 98 von 100 Angestellten weiblich. Ein Großteil der Erzieherinnen arbeitet in Teilzeit. Laut GEW haben lediglich 53 Prozent einen Vollzeit-Vertrag.

Bei der Arbeitsbelastung gibt es große Unterschiede zwischen Ost und West. Die Bertelsmann-Stiftung hat ermittelt, dass sich eine Erzieherin in Ostdeutschland um durchschnittlich 6,3 Kinder kümmern muss, während es in den westdeutschen Bundesländern lediglich 3,8 Kinder sind. In der Praxis ist der Personalschlüssel jedoch noch schlechter, da eine Erzieherin aufgrund von Teamgesprächen, Fortbildung und Urlaub höchstens 75 Prozent ihrer Arbeitszeit für pädagogische Arbeit nutzen kann.

Die Stiftung empfiehlt, dass bei unter Dreijährigen eine Erzieherin für höchstens drei Kinder verantwortlich sein sollte. Für die Altersgruppe ab drei Jahren sollte der Personalschlüssel nicht schlechter als 1:7,5 sein. Am geringsten ist die Arbeitsbelastung in Bremen (3,2 Kinder pro Erzieher/in) und Baden-Württemberg (1:3,3).

Um die Personalschlüssel bundesweit den Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung anzupassen, wären laut Schätzung etwa 120.000 zusätzliche Erzieherinnen erforderlich. Das würde nach Berechnungen der Stiftung jährlich rund fünf Milliarden Euro kosten.

Wer sind die Parteien im Tarifkonflikt?

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di streitet zusammen mit der GEW. Sie vertreten etwa 240.000 Kinderpfleger, Erzieher und Sozialarbeiter, die bei kommunalen Einrichtungen angestellt sind. Den Gewerkschaften steht die Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) gegenüber.

Worum geht es in dem Tarifkonflikt?

Die Gewerkschaften fordern eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen. Dies soll nicht mit einer pauschalen Lohnerhöhung erreicht werden, sondern durch eine um mehrere Stufen höhere Eingruppierung in der Gehaltstabelle.

Je nachdem wie viel Berufserfahrung die Mitarbeiter haben, könnte das einen Lohnzuwachs von bis 15 Prozent bedeuten. Für Kita-Leiter/innen fordern die Gewerkschaften einen Zuwachs von teilweise mehr als 17 Prozent. Im Durchschnitt sollen die Angestellten zehn Prozent mehr verdienen.

Diese Forderung begründen ver.di und die GEW auch damit, dass die Berufsgruppe in den vergangenen Jahren deutlich weniger von Gehaltssteigerungen profitiert habe als der Durchschnitt der Arbeitnehmer. Zwischen 2004 und 2013 habe sich das Gehalt der Erzieher/innen zwar um mehr als 14 Prozent erhöht, das Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmer jedoch um 21,2 Prozent.

Laut Arbeitgeberseite würden die Gewerkschaftsforderungen die Kommunen pro Jahr 1,2 Milliarden Euro kosten. Die VKA hält diese Belastung für zu hoch. Sie warnen vor Beitragserhöhungen und Einschränkungen bei der Betreuungsqualität. Außerdem würden Erzieher/innen im öffentlichen Dienst im Vergleich mit anderen Berufsgruppen bereits jetzt gut bezahlt.

Wie viel verdient eine Kita-Erzieherin derzeit?

Nach GEW-Angaben verdienen Erzieher/innen bei einer Vollzeitbeschäftigung im Durchschnitt 2879 Euro brutto. Damit liege das Gehalt etwa 570 Euro unter dem vom Statistischen Bundesamt für das Jahr 2013 ermittelten Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland.

Eine Kinderpflegerin erhält als Anfangsgehalt 2043 Euro brutto im Monat, die Leiterin einer Kita kann, bei besonders großen Einrichtungen, bis zu 4749 Euro im Monat verdienen.

Generell gilt: Die Bezahlung von Erzieher/innen richtet sich nach der Berufserfahrung. Innerhalb einer Gehaltsgruppe gibt es sechs Stufen. Die Gewerkschaften bemängeln jedoch, dass bei einem Arbeitsplatzwechsel die Einstufung nicht zwangsläufig mitgenommen wird. Es ist also möglich, in einem neuem Job weniger zu verdienen.

Laut VKA und Gewerkschaften verdienen die Erzieherinnen und Erzieher in in Kitas öffentlicher Träger bereits jetzt mehr als in Einrichtungen von freien Trägern.