Der letzte Zeuge vor dem HRE-Untersuchungsausschuss Steinbrück nennt Krisenmanagement richtig

Stand: 20.08.2009 17:40 Uhr

"Es handelte sich um Marktversagen, nicht um Staatsversagen" - mit diesen Worten hat Finanzminister Steinbrück das Vorgehen der Regierung vor dem HRE-Untersuchungsausschuss verteidigt. Mit Steinbrücks Vernehmung schloss der Ausschuss seine Beweisaufnahme.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat wie schon andere Vertreter des Bundes vor ihm das Krisenmanagement der Regierung bei der Rettung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) im September 2008 verteidigt. "Bei objektiver Betrachtung kommt man zu dem Ergebnis, dass das Krisenmanagement richtig gewesen ist", sagte Steinbrück im HRE-Untersuchungsausschuss des Bundestages. "Es handelte sich damals um Marktversagen, nicht um Staatsversagen", bilanzierte er.

Steinbrück: Katastrophe abgewendet

"Wir waren in einer Situation, für die es kein Drehbuch gab", betonte Steinbrück. Es sei darum gegangen, eine "Katastrophe mit weit über Deutschland hinaus" reichenden Folgen abzuwenden. "Wir haben weiterreichenden Schaden von unserem Land und unseren Bürgern abwenden können", sagte er in Berlin. Eine Insolvenz hätte zur Kernschmelze des Finanzsystems und zu einem Fiasko für die Sparer führen können.

Peer Steinbrück

Bundesfinanzminister Steinbrück vor dem HRE-Untersuchungsausschuss: Eine Katastrophe abgewendet.

Die Opposition hielt der Bundesregierung indes gravierende Fehler vor. Steinbrück verwies mehrfach darauf, dass ihm die zuständige Bankenaufsichtsbehörde BaFin bis September keine dramatische Warnung zur HRE übermittelt habe, die ein Eingreifen seines Ministeriums als Rechts- und Fachaufsicht erfordert hätte.

Die HRE für eine "solvente Bank" gehalten

Erst die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September habe die HRE schlagartig in Not gebracht. "Darauf war niemand vorbereitet", sagte Steinbrück. Die Finanzaufsicht BaFin habe die HRE "bis weit in den Sommer hinein für eine solvente Bank gehalten". Ähnlich hatten sich bei früheren Vernehmungen Bundesbankpräsident Axel Weber und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann geäußert.

"Beinhart und bis an die Schmerzgrenze"

Der Minister bestritt zudem vehement Vorwürfe, sein damaliger Chefunterhändler, Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, sei unvorbereitet in den Rettungspoker hineingeschlittert und habe sich von den Privatbanken über den Tisch ziehen lassen. "Dies ist absurd und wiederlegt", sagte Steinbrück. Asmussen habe keinesfalls schlecht verhandelt, sondern "beinhart und bis an die Schmerzgrenze". Bestätigt hatte dies in dem Ausschuss der frühere Verbandspräsident der Privatbanken, Müller: Die privaten und öffentlichen Banken hätten sich am ersten Rettungspaket in einem Umfang beteiligt, der "jenseits der Schmerzgrenze" gelegen hätte.

Asmussen: Kein fahrlässiges Handeln bei HRE

Gestern hatte Finanzstaatssekretär Asmussen vor dem Gremium seine Rolle in den Verhandlungen zur HRE-Rettung verteidigt und den Vorwurf schwerer Versäumnisse bei der Rettung der HRE zurückgewiesen. Er war zur Zeit der dramatischen Rettungsaktion im September 2008 zuständiger Abteilungsleiter und Chefunterhändler von Steinbrück.

Der letzte Zeuge

Steinbrück ist zunächst der letzte Zeuge, der im Ausschuss befragt wird. Ob die Arbeit in der kommenden Legislaturperiode fortgesetzt werde, müsse der neue Bundestag nach der Wahl Ende September entscheiden, erklärten die Obmänner der Oppositionsparteien in Berlin. Wegen der knappen Zeit werde der Ausschuss nicht über einen Zwischenbericht hinauskommen, hieß es. Bis zum 18. September will das Gremium ein Fazit seiner Untersuchungen ziehen.

Die HRE mit ihren rund 1800 Mitarbeitern war mit einer Bilanzsumme von mehr als 400 Milliarden Euro eines der größten Kreditinstitute Deutschlands. Sie wurde nach Milliardenverlusten 2008 vom Bund mit Bürgschaften über 102 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch bewahrt und fast komplett verstaatlicht.