OECD warnt vor Ungleichgewicht Deutschland mit weltweit größtem Handelsüberschuss

Stand: 13.08.2012 17:25 Uhr

Die deutsche Wirtschaft wird wohl auch dieses Jahr mehr exportieren als einführen. Nicht einmal China wird 2012 einen größeren Handelsüberschuss erwirtschaften als Deutschland. Darin ist sich die OECD mit deutschen Wirtschaftsexperten einig. Der Streit geht um die Bewertung des Rekords.

Deutschland wird in diesem Jahr wohl den weltweit größten Exportüberschuss aufweisen. Die Industriestaaten-Organisation OECD rechnet nach eigenen Angaben 2012 mit einem Leistungsbilanz-Überschuss Deutschlands von rund 200 Milliarden Dollar.

Eine ähnliche Prognose hatten die Wirtschaftsforscher des Münchener Ifo-Instituts für die "Financial Times Deutschland" gegeben. Sie rechnen mit einem Plus von 210 Milliarden Euro. Weder Exportweltmeister China noch Japan oder die Öl exportierenden Länder - die ebenfalls mehr Waren und Kapital ausführen als importieren - halten da mit.

Beleg für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit

Die Bundesregierung wertete die Zahlen als Beweis der hohen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die hiesige Exportwirtschaft sei äußerst leistungsfähig, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Tendenziell nehme der Überschuss allerdings ab. Regierungssprecher Steffen Seibert wies auf die Bedeutung der Binnennachfrage für das Wirtschaftswachstum hin.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht in dem hohen Überschuss vor allem einen Beleg für die Qualität der deutschen Exporte. Der Überschuss erhöhe sich noch durch den schwächelnden Euro-Kurs und sinkende Rohstoffpreise, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef, Volker Treier.

Internationale Kritik an deutschem Überschuss

Deutschland steht wegen seines hohen Handelsüberschusses international immer wieder in der Kritik. Denn den Ländern mit Exportüberschüssen stehen solche mit Defiziten gegenüber, die ihre Importe über Schulden finanzieren müssen. Viele Experten sehen darin eine der Ursachen für die Finanzkrise.

Die OECD rät Deutschland, diesem Ungleichgewicht mit stärkeren Investitionen zu begegnen: "Die Investitionsquote in Deutschland ist niedriger als in anderen großen Industriestaaten", sagte der Deutschland-Experte der OECD, Andreas Wörgötter. Dafür müssten beispielsweise Firmengründer einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt bekommen.

Ausfuhren sollen nicht künstlich gebremst werden

Regierungssprecher Seibert betonte, es sei falsch, Ausfuhren künstlich zu bremsen. "Ein Leistungsbilanzüberschuss alleine ist zunächst einmal kein Grund für Europa zu handeln", sagte Seibert. Für eine ausgewogenere Entwicklung wäre es eher dienlich, wenn etwa Länder mit Schwächen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbesserten.