Sachsen, Leipzig: Rauch strömt aus den Kaminen auf den Dächern der Mehrfamilienhäuser.

Gutachten empfiehlt Ein Preis für alle Emissionen

Stand: 15.07.2019 17:25 Uhr

Im Kampf gegen den Klimawandel empfiehlt ein Gutachten aus dem Wirtschaftsministerium einen einheitlichen Emissionspreis. Das Grundprinzip der Vorschläge: Der Markt soll es regeln.

Von Uli Hauck, ARD Berlin

Nach dem heutigen Gutachten ist klar: Alle Experten fordern einen möglichst einheitlichen Preis für jede Tonne klimaschädliches CO2 - und zwar in allen Lebensbereichen. Unterschiedlich sind nur die Wege hin zur Einführung eines CO2-Preises.

Die 38 Experten aus dem wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums sind gegen eine CO2-Steuer. Auch weil nicht klar sei, wie der Preis festgelegt werden soll, erklärt der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium, Klaus Schmidt:

Niemand weiß, welcher Preis wirklich notwendig ist, um die Reduktionsziele zu erreichen, und der zweite - mindestens ebenso gravierende - Nachteil ist, dass eine solche Emissionssteuer in der Europäischen Union wohl schwer zu koordinieren ist. Wenn in Europa eine einheitliche CO2-Steuer eingeführt werden sollte, dann müsste das einstimmig von allen EU-Staaten beschlossen werden, und wie Sie alle wissen, ist das zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzusehen, dass das möglich wäre.

Berater setzen auf Gesetze des Marktes

Klaus Schmidt, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium

"CO2-Ausstoß wird teuer werden", sagt Klaus Schmidt, der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.

Statt auf eine CO2-Steuer setzen die Berater des Wirtschaftsministeriums auf ein eher marktwirtschaftlich orientiertes Modell. Konkret wollen sie den Handel mit Verschmutzungszertifikaten auf die Bereiche Wohnen und Verkehr ausweiten und im Gegenzug bestehende Energiesteuern und Abgaben vor allem auf Strom abschaffen: "Wir schlagen eine grundlegende Reform der Abgaben und Steuern auf Energieversorgung vor", erklärt Schmidt. "Insbesondere eine Abschaffung aller bisherigen impliziten CO2-Abgaben und eine Ersetzung durch einen einheitlichen Emissionspreis."

Wenn man konkrete Klimaziele bis 2030 hat und diese auch einhalten will, dann kann man sich ausrechnen, um wie viel die Menge der Zertifikate verringert werden muss. Eine Mehrbelastung beim CO2-Verbrauch müsse deshalb kommen, damit sich etwas ändere, macht der Münchner Wirtschaftstheoretiker Schmidt deutlich: "CO2-Ausstoß wird teurer werden, er muss teurer werden. Aber wir werden Euch das Geld an anderer Stelle auch wieder zurückgeben." Er nannte verschiedene Möglichkeiten: dadurch, dass der Strom billiger werde, Wegfall der EG-Umlagen und der Steuer, oder dadurch, dass eine Klimaprämie oder Klimadividende an alle Bürger gezahlt werde.

Bürger zu Investitionen motivieren

Günstigerer Strom, der Investitionen in Gebäudesanierung, Wärmepumpen oder Elektromobilität attraktiver macht: Das sollte nach Ansicht der Experten ein Ziel sein. Bürger und Unternehmen sollen dazu gebracht werden, genau dort in Klimaschutz zu investieren, wo es am kostengünstigsten ist.

Wenn Benziner und Diesel durch Zertifikate teurer werden, könne sich der Staat auch die Elektro-Auto-Förderung sparen. Der Markt würde es regeln, ist sich Friedrich Breyer von der Uni Konstanz sicher: "Die staatliche Förderung ist nicht notwendig, wenn der Bürger weiß, dass benzinbetriebene Autos einfach teurer werden."

Ziel: internationale Lösungen

Für das Heizen und den Verkehr fordern die Berater des Wirtschaftsministeriums, einen deutschlandweiten Zertifikate-Handel zügig einzuführen. Der sollte mittelfristig, also bis 2030, dann aber auch europaweit eingeführt werden. Denn letztlich machten nur internationale Lösungen beim Klimaschutz einen Sinn, so die Autoren der Studie.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 15. Juli 2019 um 15:38 Uhr.