100-Euro-Banknoten

Drei Prozent Zinsen Tagesgeld lohnt sich wieder richtig

Stand: 08.04.2023 08:31 Uhr

Sparer können sich auf einen Wettstreit der Banken um die höchsten Tagesgeldzinsen freuen. Das erste Geldinstitut lockt bereits mit drei Prozent Zinsen. Worauf Tagesgeld-Kunden jetzt achten müssen.

Von Angela Göpfert, tagesschau.de

Nach Jahren ohne Zinsen werden Tagesgeld-Konten für Sparer wieder zunehmend interessant. Lohnte sich der Vergleich von Tagesgeld-Angeboten der verschiedenen Banken lange Zeit kaum, da im Niedrigzinsumfeld einfach nichts zu holen war, so kommt jetzt Bewegung in den Markt.

Geschickter Schachzug der ING

Denn die Direktbank ING ist mit einem Angebot vorgeprescht, das auch die Konkurrenz nicht ignorieren kann: Kundinnen und Kunden bekommen ab sofort für sechs Monate 3,0 Prozent Zinsen, wie das Geldhaus kürzlich mitteilte. Das Besondere daran: Das Angebot gilt nicht nur für Neukunden, sondern auch für diejenigen, die bereits ein Konto bei dem Institut haben und Gelder neu einzahlen.

Max Herbst von der gleichnamigen Frankfurter Finanzberatung (FMH) spricht gegenüber tagesschau.de von einem geschickten Schachzug der ING, erhält das Geldinstitut dadurch doch viel Aufmerksamkeit und neue Kunden - und das gänzlich ohne Risiko. Denn die den Kunden gebotenen 3,0 Prozent Zinsen bekommt die Bank selbst ganz einfach über den Einlagenzins der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder rein.

Mehr Wettbewerb um Kunden erwartet

"Das ist typisch ING, die wollen Volumen machen - und das auf Kosten anderer Banken. Denn das Angebot gilt nicht nur für Neukunden, sondern auch für das sogenannte 'fresh money'", so Herbst. Viele Bestandskunden der ING, die noch Gelder bei anderen Banken herumliegen haben, dürften ihr Geld nun dort abziehen und wieder bei ING anlegen.

Der Finanzexperte rechnet künftig mit mehr Wettbewerb bei den Tagesgeldzinsen: "Die Konkurrenz steht jetzt unter Druck, mit der ING gleichzuziehen. Die anderen großen 'Tagesgeld-Banken' sitzen bestimmt bereits in den Startlöchern."

Wie man Lockangebote erkennt und vermeidet

Anlegerinnen und Anleger sollten allerdings beachten, dass die meisten Tagesgeld-Angebote nur für Neukunden gelten. Viele Institute garantieren höhere Verzinsungen zudem nur für drei oder vier Monate. So bietet etwa die Suresse Bank, eine Marke der spanischen Santander, 3,008 Prozent Zinsen - aber eben nur für vier Monate.

Da ist es praktisch, dass man bei den meisten Tagesgeld-Vergleichsrechnern im Internet nicht nur die Höhe der anzulegenden Summe eingeben kann, sondern auch den Anlagezeitraum. Hier lohnt es sich vor allem für eher wechselfaule Anlegerinnen und Anleger, den Haken bei sechs statt bei drei Monaten zu setzen.

Tagesgeld-Vergleich
Bank Rendite (in Prozent) Zinsen (in Euro)
ING 3,000 150
Consors 2,407 120,36
Volkswagen Financial Services 2,261 113,03
Targo Bank 2,100 105,00
comdirect 2,028 101,42

Guthaben von 10.000 Euro, Anlagezeitraum sechs Monate, sechs Monate Zinsgarantie, deutsche Einlagensicherung (Quelle: FMH)

Was es bei Banken in Europa zu beachten gilt

Noch ein Haken, den zu setzen es sich lohnt, ist jener bei der deutschen Einlagensicherung. Zwar sind Spargelder in Höhe von 100.000 Euro pro Anleger und Bank in der Europäischen Union und Norwegen grundsätzlich gesetzlich geschützt. Trotzdem empfehlen etwa die Finanzexperten der Stiftung Warentest nur Banken, die ihren Sitz in wirtschaftsstarken EU-Ländern haben. Banken in Spanien - wie etwa die erwähnte Suresse Bank -, aber auch Institute in Portugal, Irland, Italien oder Polen würden demzufolge eher ausscheiden.

FMH-Experte Herbst sieht das nicht so streng: "Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in Europa mit irgendeinem Tagesgeldkonto und einer Anlagesumme bis 100.000 Euro als Sparer Verluste mache, geht gegen Null."

Warum Festgeld keine Alternative ist

In Deutschland gehören viele deutsche Privatbanken überdies dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken an. Können Tagesgeld-Sparer hier also auch mehr als 100.000 Euro sicher anlegen? "Alles, was über die 100.000 Euro hinausgeht, sind freiwillige Versprechungen der Banken", sagt Herbst. "Möchte man wirklich ganz sicher gehen, teilt man also Beträge über 100.000 Euro auf mehrere Banken auf."

Festgeld ist dabei nicht nur wegen des längeren Anlagehorizonts keine echte Alternative, wie der Finanzberater unterstreicht: "Das Tagesgeld ist quasi der Tod des Festgelds: Angebote für Festgeld mit deutscher Einlagensicherung, Laufzeit zwölf Monate, gibt es ab 3,0 Prozent. Da nehme ich doch lieber 3,0 Prozent aufs Tagesgeld und bin flexibel."

Kontoeröffnung nicht schwer

Es spricht also vieles dafür, sich bei Tagesgeld nach langer Zeit mal wieder auf die Suche nach der passenden Bank zu begeben - und das besser heute als morgen. "Jeder Tag, den die Kunden jetzt noch warten, ist ein Tag zu viel", erklärt Herbst. Zumal die Anlegerinnen und Anleger auch eine gewisse Machtposition haben: "Je mehr Kunden weggehen, desto größer wird der Druck auf die Banken."

Ein Wechsel ist auch gar nicht so kompliziert und aufwändig. Die Kontoeröffnung selbst dauert meist nur wenige Minuten. Selbst der Gang zur nächsten Poststelle für das bekannte "Postident"-Verfahren zum Überprüfen der Ausweispapiere muss meist nicht mehr sein. Viele Banken bieten ihren neuen Kunden auch die Möglichkeit, sich per Videochat zu legitimieren ("Video-Ident"-Verfahren).

Tagesgeld-Kunden müssen flexibel bleiben

Auch wenn es wieder lohnende Tagesgeld-Angebote gibt - wer das meiste herausholen möchte aus den gestiegenen Zinsen, muss flexibel und bereit sein, schon nach einem halben Jahr wieder die Bank zu wechseln. Für Finanzexperte Herbst ist klar: "Man sollte sich beim Tagesgeld nicht von Bequemlichkeit leiten lassen, denn jeder Neukunde wird irgendwann zum Bestandskunden."

Mit Blick auf die Rendite lohnt es zudem, sich von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, wofür ein Tagesgeldkonto eigentlich gedacht ist: ein finanzielles Polster, um plötzlich entstehende kurzfristige Kosten wie etwa eine teure Autoreparatur abzufedern. Geld, das deutlich über drei bis sechs Monatsgehälter hinausgeht und auch kurz- bis mittelfristig nicht benötigt wird, ist womöglich in Aktien oder ETFs besser angelegt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. Januar 2023 um 17:23 Uhr.