EU-Kommission stellt Plan gegen Schuldenkrise vor Mit Eurobonds und mehr Disziplin aus der Krise

Stand: 23.11.2011 14:41 Uhr

Die EU-Kommission setzt weiter auf Eurobonds: Kommissionspräsident Barroso stellte Vorschläge für gemeinsame Staatsanleihen vor. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, forderte er zugleich eine strengere Überwachung der Staatshaushalte. Heftige Kritik äußerte Barroso an Bundeskanzlerin Merkel.

Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Nein - doch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beharrt auf der Einführung von Eurobonds, also gemeinsamen Staatsanleihen der Eurostaaten. Nun stellte er ein Papier der EU-Kommission vor, das drei Varianten von Eurobonds vorschlägt, die als "Stabilitätsanleihen" bezeichnet werden: In einer "großen Lösung" würden alle nationalen Anleihen der Euroländer durch Gemeinschaftsanleihen ersetzt. Die Eurostaaten würden gemeinsam haften. Bei Option Nummer Zwei würde nur ein Teil der Schuldscheine gemeinschaftlich aufgelegt, parallel gäbe es weiterhin auch nationale Anleihen. Bei der dritten Variante gäbe es für einen Teil der Schulden gemeinschaftliche Anleihen, für die die Staaten aber nur anteilig haften sollen.

"Manchmal ist die Realität ein großartiger Lehrer"

Harsch kritisierte Barroso die Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu diesem Thema. Es fehle der "angemessene Respekt vor den europäischen Institutionen", wenn eine Regierung eine Debatte abwürgen wolle, sagte Barroso. Zumal das in diesem Fall geschehen sei, bevor er seine Vorschläge überhaupt vorgelegt habe. Merkel hatte bereits gestern die Diskussion über gemeinsame Anleihen der Eurozone zu stoppen versucht und sich am Morgen im Bundestag erneut gegen Eurobonds ausgesprochen. Dass Merkel wirklich bei ihrer Blockade bleibe, davon zeigte sich Barroso keinesfalls überzeugt. Er verwies auf den inzwischen aufgegebenen Widerstand Berlins gegen einen stärkeren und flexibleren Rettungsschirm EFSF. "Manchmal ist die Realität ein großartiger Lehrer", sagte Barroso.

Verschärfte Überwachung der Haushalte

Um Eurobonds möglich zu machen, will die Kommission die Wirtschafts- und Haushaltsaufsicht in der EU verschärfen. Die Behörde legte dazu zwei Gesetzesentwürfe vor. Zum einen sollen die Euroländer künftig der EU-Kommission und der Eurogruppe nach einem abgestimmten Zeitplan im Herbst ihre Haushaltsentwürfe für das Folgejahr vorlegen müssen, bevor die nationalen Parlamente darüber entscheiden. Dann wird nach den Vorstellungen Barrosos geprüft, ob die Pläne den EU-Regeln entsprechen, nach denen Mitgliedsländer etwa kein höheres Haushaltsdefizit als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts haben dürfen. Wenn ein Haushalt nicht die Stabilitätsregeln einhält, will die EU-Kommission Änderungen verlangen dürfen. Zwar bleibe die Haushaltshoheit bei den nationalen Parlamenten. Aber wenn sie trotz Einwänden aus Brüssel verabschiedet werden, droht die Kommission mit Sanktionen.

Zum anderen will die Kommission noch weiter gehende Rechte für Krisenstaaten: Sie will die Finanzpolitik der Länder kontinuierlich überwachen, gegen die ein Defizitverfahren läuft oder die in ernsten Finanzproblemen sind.

Die Ziele des Papier seien wirtschaftliches Wachstum, Finanzstabilität und Haushaltsdisziplin. Und diese Ziele seinen unmittelbar miteinander verknüpft, erklärte Barroso. "Um Wachstum wieder zu erzeugen, müssen wir das Vertrauen wiederherstellen und glaubwürdig sein", erklärte der Kommissionspräsident.

Strenge Vorschriften sollen Kritiker beruhigen

Die Befürworter der Eurobonds sehen die Möglichkeit, die Schuldenkrise in der Währungsunion dauerhaft in den Griff zu bekommen - die Spekulationen gegen einzelne Staaten wären sofort beendet. Derzeit zahlen die Euro-Länder unterschiedlich hohe Zinsraten für ihre Staatsanleihen, wegen der Schuldenkrise unter Druck stehende Länder können sich nur unter hohen Zinsaufschlägen neues Geld an den Finanzmärkten besorgen. Und genau dieser Mechanismus verschärft die Krise weiter, da gerade die Krisenstaaten zusätzlich auch noch hohe Zinslasten schultern müssen.

Die Gegner argumentieren, durch die Einführung gehe der Anreiz für die Länder verloren, ihre Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Außerdem sind gemeinsame Anleihen bisher wegen der "No-Bailout-Klausel" verboten, nach der ein Eurostaat nicht die Haftung für die Schulden anderer Eurostaaten übernehmen darf - wenngleich genau das indirekt bereits passiert.

Der Kritik, durch gemeinsame Bonds falle der Sparanreiz für Krisenstaaten weg, versucht die Kommission nun durch die Vorschläge für strengere Vorschriften zu begegnen: In jedem Fall dürfe nichts unternommen werden, was die Haushaltsdisziplin aushöhlen könnte, heißt es in dem Papier.

Die Eurostaaten müssen sich im kommenden Jahr Hunderte Milliarden Euro an den Finanzmärkten besorgen - allein das kriselnde Italien muss sich mehr als 300 Milliarden Euro neu leihen. Angesichts der immer geringeren Nachfrage und der steigenden Zinsen ist bislang unklar, ob das zu akzeptablen Konditionen gelingen kann. Bislang brachten auch die Regierungswechsel in Griechenland, Italien und Spanien das Vertrauen in diese Staaten nicht zurück.