EU stellt Klimaauflagen für Autobauer vor Neuwagen werden um mehr als 1000 Euro teurer

Stand: 19.12.2007 23:03 Uhr

Die EU-Kommission hat ihren umstrittenen Vorschlag zur Verringerung des CO2-Ausstoßes von Autos vorgestellt. Die Hersteller sollen demnach den Schadstoffausstoß ihrer Flotten deutlich senken, sonst drohen hohe Strafen. Neuwagen würden durch die Pläne um durchschnittlich 1300 Euro teurer.

Der Treibhausgas-Ausstoß neuer Autos soll nach einem Vorschlag der EU-Kommission von 2012 an deutlich gesenkt werden. Die Kommission beschloss den schon im Vorfeld umstrittenen Entwurf für ein Gesetz, nach dem Neuwagen dann im Durchschnitt nur noch 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro gefahrenem Kilometer an die Umwelt abgeben dürfen. Derzeit liegt der Durchschnitt bei 160 Gramm.

Nach Berechnungen der Kommission werden die Auflagen den Preis eines Neuwagens um durchschnittlich 1300 Euro in die Höhe treiben. Durch sinkende Spritkosten könnten jedoch über die Lebenszeit eines Autos "durchschnittlich 2700 Euro eingespart werden", erklärten Experten der Brüsseler Behörde. Halten die Hersteller die Vorgaben nicht ein, drohen bereits ab 2012 gestaffelte Strafen. Die Strafe soll von zunächst 20 Euro pro zu viel ausgestoßenem Gramm Kohlendioxid pro Neuwagen auf 95 Euro bis 2015 steigen.

"Hersteller großer Fahrzeuge müssen mehr tun"

Besonders die deutschen Autohersteller, die im Vergleich zur italienischen oder französischen Autoindustrie besonders viele große und schwere Fahrzeuge herstellen, müssen nach den Vorstellungen von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas den Abgas-Ausstoß ihrer Fahrzeuge nun massiv senken. Zwar werde bei der Berechnung der Werte für die einzelnen Auto-Hersteller die durchschnittliche Größe ihrer Fahrzeuge berücksichtigt. Für BMW und Daimler liegen die Grenzwerte also höher als etwa für Fiat. Dennoch müssten sich die Premium-Hersteller besonders anstrengen, sagte Dimas: "Alle Hersteller werden ihre Emissionen verringern müssen, aber Hersteller großer Fahrzeuge müssen mehr tun."

Deutliche Kritik der Bundesregierung

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, der Vorstoß der Kommission gehe zulasten Deutschlands und der deutschen Industrie. "Daher sind wir nicht zufrieden." Der eingeschlagene Weg der Kommission sei nicht sinnvoll. Regierungssprecher Thomas Steg ergänzte, dass die deutschen Hersteller schwerer Autos es nicht schafften, die EU-Vorgaben zu erfüllen. Der Vorschlag halte sich zudem "nicht an bisherige Absprachen". Über das Thema werde nun in Brüssel zu reden sein, sagte Steg. "Für die Bundesregierung ist dieses Verhalten der EU-Kommission nicht erklärlich."

Glos warnt vor "Vernichtungsfeldzug"

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos warnte vor einem "Vernichtungsfeldzug" gegen die deutsche Autoindustrie. "Die drastischen Strafzahlungen, die jetzt schon absehbar sind, gefährden am Ende tausende von Arbeitsplätzen in Deutschland. Das müssen wir verhindern", sagte Glos der "Bild"-Zeitung. Der Vorschlag der EU-Kommission enthalte eine extrem überproportionale Belastung größerer Autos, die vornehmlich in Deutschland gebaut würden, sagte Glos dem "Handelsblatt". "Unter dem Deckmantel des Umweltschutzes wird hier massive Interessenpolitik betrieben." Bundesumweltminister Sigmar Gabriel kritisierte die Vorschläge zuvor ebenfalls als "Wettbewerbskrieg" gegen die deutschen Hersteller.

BMW sieht verdeckte Industriepolitik

BMW kritisierte die Pläne scharf: "Das ist Marktverzerrung", sagte ein Sprecher in München. "Die Premium-Hersteller werden unverhältnismäßig belastet. Kleinwagen-Hersteller sind wenig in der Pflicht." BMW wertete die Vorschläge als "naiv in Bezug auf das Umweltziel"; es handele sich eher um "verdeckte Industriepolitik". Volkswagen erklärte, die Vorschläge der EU-Kommission benachteiligten die deutscher Hersteller. "Wir hätten uns eine faire, realistische und zeitlich umsetzbare Regelung gewünscht, in der die deutschen Hersteller im Vergleich mit der europäischen Konkurrenz nicht überproportional belastet würden", sagte ein VW-Sprecher. VW begrüße die von der EU angekündigte vierjährige Übergangszeit für Strafen, diese sei aber im Hinblick auf Entwicklungszeiten "nicht wirklich viel".

Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen

Das Gesetz soll dazu beitragen, die ehrgeizigen Ziele der EU zum Klimaschutz zu erreichen, die im März auf einem EU-Gipfel unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen worden waren. Von Kraftfahrzeugen gingen zwölf Prozent der gesamten Emissionen in der EU aus, erklärte die Kommission. Dieser Ausstoß an CO2 werde durch die neuen Vorschriften um 19 Prozent gesenkt. In der EU-Kommission und unter den Mitgliedsländern wurde über den Plan bereits heftig gestritten. Die EU hat sich einerseits mit ehrgeizigen Zielen an die Spitze der weltweiten Bewegung zum Klimaschutz gestellt, um die katastrophale Erderwärmung aufzuhalten. Andererseits stehen die wirtschaftlichen Interessen der Autoindustrie und damit Hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen warnte davor, den Konzernen unzumutbare Kosten aufzubürden.

Den Vorschlägen der EU-Kommission müssen die Mitgliedstaaten noch zustimmen. Die Bundesregierung hatte bereits Widerstand angekündigt. Sie fürchtet Wettbewerbsnachteile für deutsche Hersteller.