ESM löst Rettungsschirm EFSF ab Die Euro-Feuerwehr bekommt eigenes Geld

Stand: 24.01.2012 13:27 Uhr

Die Euro-Finanzminister haben sich auf einen vorzeitigen Start des dauerhaften Rettungsfonds ESM geeinigt. Er ist anders konstruiert als der bisherige Rettungschirm EFSF. Der Hauptunterschied: für den ESM müssen die Staaten Milliarden einzahlen - und nicht nur Kreditgarantien bieten.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Ab Juli 2012 - und damit ein Jahr früher als ursprünglich geplant - soll die Eurozone besser gegen neue Schuldenkrisen geschützt sein. Der vorläufige, vor zwei Jahren mit Ausbruch der Schuldenkrise in aller Eile auf die Beine gestellte Rettungsschirm EFSF wird durch den dauerhaften Rettungsfonds ESM abgelöst. Es ist so etwas wie der Wechsel von der freiwilligen Feuerwehr zur Berufsfeuerwehr.

ESM anders aufgebaut

"Das ist ein wichtiger Erfolg und zeigt die Handlungsfähigkeit der Eurogruppe und der Europäischen Union insgesamt", sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. An die Stelle der Europäischen Finanzstabilisierungsfaszilität EFSF tritt also der ESM: der Europäische Stabilitätsmechanismus. Aber nicht nur die Bezeichnung ist unterschiedlich, auch der Aufbau des Fonds ist anders.

Der EFSF verfügte über gar kein richtiges Geld, sondern nur über Kreditgarantien der 17 Euro-Staaten. Mit diesen Garantien im Rücken leiht sich der EFSF auf dem Kapitalmarkt Geld, das er wiederum als Hilfskredite an pleitebedrohte Staaten weiterreicht. Nur wenn diese Staaten die Hilfskredite nicht zurückzahlen können, müssen die Geberländer Geld in die Hand nehmen und für diese Ausfälle einstehen.

Martin Bohne, M. Bohne, MDR Brüssel, 24.01.2012 14:10 Uhr

Kapitalstock von 80 Milliarden Euro

Der ESM wird nun erstmals über einen eigenen Kapitalstock verfügen. Die Vertragsstaaten sollen 80 Milliarden Euro an Bareinlagen einzahlen. Dazu kommen noch 620 Milliarden an abrufbarem Kapital, also den Kreditgarantien. Insgesamt ergibt das eine effektive Ausleihsumme vom 500 Milliarden Euro. Der eigene Kapitalstock macht den Fonds unabhängiger und robuster.

Mit dieser Konstruktion soll der europäische Krisenrettungsmechanismus von den Ratingagenturen die Bestnote AAA wiederbekommen, die dem EFSF gerade aberkannt worden ist. Der ESM werde so zum Grundpfeiler im Kampf gegen die Schuldenkrise, hofft EU-Währungskommissar Olli Rehn. "Die Stärkung unserer finanziellen Brandmauer ist entscheidend, wenn wir das Vertrauen der Investoren in die Eurozone wieder herstellen wollen", sagt er.

Forderungen nach stärkerer Brandmauer

Viele glauben aber, dass man die Brandmauer noch höher ziehen müsste. Der italienische Regierungschef Mario Monti will eine Verdopplung der Ausleihsumme auf eine Billion Euro. IWF-Chefin Christine Lagarde rät, die rund 250 Milliarden, die der EFSF noch nicht verbraucht hat, auf den ESM draufzupacken. Die Bundesregierung ist davon alles andere als begeistert. Kein Wunder, denn Deutschland schultert den größten Teil der ESM-Lasten: knapp 22 Milliarden Euro an Barkapital und rund 170 Milliarden an Garantien. Und da die Bareinlage im Unterschied zu den Garantien auch tatsächlich eingezahlt wird, muss der deutsche Finanzminister dafür zusätzliche Schulden aufnehmen.

Dennoch wächst der Druck auf Deutschland. Auf dem März-Gipfel soll über eine Aufstockung der ESM-Mittel entschieden werden. Möglicherweise muss die Kanzlerin nachgeben, um im Gegenzug den neuen Fiskalpakt für eine schärfere Haushaltsdisziplin zu bekommen. Zumindest eine klare Verbindung zwischen ESM und diesem Haushaltspakt, der strikte Schuldenbremsen vorsieht, konnte Bundesfinanzminister Schäuble in den Verhandlungen zum ESM-Vertrag schon mal durchsetzen. "Wenn ein Land Mittel aus dem ESM bekommen will", erklärte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker nach den gestrigen Beschlüssen, "muss es vorher den Fiskalpakt ratifiziert haben".