geschlossene Bankfiliale in Lokstedt

Keine Filialen, keine Kasse Wenn Banken kein Bargeld mehr annehmen

Stand: 21.10.2023 05:37 Uhr

Bargeld ist in Deutschland zwar nach wie vor beliebt, verschwindet aber zunehmend aus dem täglichen Leben. Erste Banken schließen sämtliche Filialen - oder wollen keine Scheine und Münzen mehr annehmen.

Von Anke Heinhaus, hr

Die Deutschen lieben Bargeld. Münzen und Scheine sind nach wie vor das am häufigsten genutzte Zahlungsmittel in Deutschland. Das ergab eine Studie der Deutschen Bundesbank. Auch wenn Zahlungen mit EC-Karte und kontaktlos per Handy auf dem Vormarsch sind: Immer noch werden mehr als die Hälfte aller alltäglichen Zahlungen bar getätigt. Doch der Kurs der Banken und Sparkassen macht deutlich: Auf lange Sicht wird es mehr und mehr verschwinden.

Raiffeisenbank Hochtaunus schließt alle Filialen

Die Raiffeisenbank Hochtaunus machte Ende 2022 als erste Bank den letzten Schritt und hat alle Filialen, bis auf die Hauptgeschäftsstelle geschlossen. Damit verschwinden auch die Geldautomaten und das Bargeld.

Auf Nachfrage von tagesschau.de erklärt eine Sprecherin der Raiffeisenbank Hochtaunus: "Wir haben den Betrieb der Filialen lange Zeit subventioniert, inzwischen ist die Nachfrage seitens der Kunden allerdings so gering, dass wir uns im vergangenen Jahr dazu entschlossen haben, die Filialen mangels Nachfrage zu schließen." Im Durchschnitt seien nur noch zwei Kunden pro Stunde in die Filiale gekommen, das stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten.

Die Sprecherin erklärt, die Bargeldversorgung ihrer Kundinnen und Kunden sei dennoch gesichert; durch die Möglichkeit Bargeld bei "Filialen von Rewe, Penny, dm Drogerie et cetera zu bekommen". Die Bank verweist also auf den Einzelhandel, wenn die eigenen Kunden Geld von ihren Konten abheben möchten.

Bargeldversorgung kostet Banken jährlich zwei Milliarden Euro

Dennoch ist das Aus für die Filialen vor Ort für den Finanzwissenschaftler Benjamin Born von der Frankfurt School of Finance keine überraschende Entwicklung, auch wenn er den Schritt der Raiffeisenbank Hochtaunus für ungewohnt drastisch hält.

Durch die Schließung von Filialen und den Rückbau von Geldautomaten würden die Banken und Sparkassen Kosten einsparen. Darüber hinaus sei die Nachfrage nach Bargeld gesunken, "so dass es neben der finanziellen auch eine nachfragegetriebene Entwicklung" sei.

mal angenommen, 05.03.2020 05:03 Uhr

Bundesweit rund 55.000 Geldautomaten

Nach einer Analyse der Unternehmensberatung McKinsey & Company kostet die Versorgung mit Entgegennahme von Bargeld die Banken und Sparkassen jährlich rund zwei Milliarden Euro. Darin eingeschlossen sind auch die Kosten der bundesweit rund 55.000 Geldautomaten, deren Anzahl seit Jahren stetig weniger wird.

Hinzu kommt: seit Jahren sinkt auch der Anteil von Barzahlung über alle Altersgruppen hinweg um jährlich ein bis zwei Prozent. Demgegenüber wächst der Anteil von Kartenzahlungen im gleichen Zeitraum um fünf Prozent.

Kein Geldautomat trotz steigender Gewinne?

Das hessische Astheim ist von der Bargeldversorgung sogar ganz abgeschnitten. Einen Supermarkt, in dem die 3000 Einwohner Geld abheben können, gibt es hier nicht. Bürgermeister Jochen Engel bot der örtlichen Kreissparkasse Groß-Gerau sogar an, einen Geldautomaten am Bürgerhaus aufzustellen - mietfrei, sogar mit einem Zuschuss von der Kommune. Doch die Sparkasse lehnte ab und schlug vor, das angebotene Geld könne doch für Taxi-Gutscheine zur nächsten Filiale verwendet werden.

Gleichzeitig kletterten die Gewinne der Kreissparkasse Groß-Gerau im Jahr 2022 auf über 43 Millionen Euro. Und dennoch heißt es hier: Kein Geld für die Bargeldversorgung. Dürfen sich die Kreditinstitute, gerade Sparkassen, in so großem Stil aus der Fläche zurückziehen?

Auf der einen Seite seien Banken und Sparkassen angehalten, in der Fläche Bargeld und Bankdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Andererseits sei nicht vorgeschrieben, wie viele Filialen offen sein müssen, sagt Finanzexperte Born. Aber natürlich dürfe man sich die Frage stellen, was dann noch die Bankdienstleistung am Kunden sei.

Bei Sparkasse Niederdorfelden kann man kein Geld mehr einzahlen

Das fragen sich auch die Kunden der Sparkasse in Niederdorfelden bei Frankfurt am Main. Hier leistet sich die Sparkasse noch eine Filiale, sogar mit persönlicher Beratung. Allerdings wird seit Neuestem kein Geld mehr angenommen. Weder von Kindern, die ihr Erspartes bringen, noch von den hiesigen Vereinen, die ihre Einnahmen auf ihr Sparkassenkonto einzahlen möchten.

Eine Sparkasse, die kein Geld nimmt? Gibt’s das wirklich? Ja, bestätigt die zuständige Sparkasse Hanau gegenüber tagesschau.de. Das liege daran, dass es sich um eine Filiale mit "einer geringeren Personalausstattung handelt. Daher ist dort keine Kasse für Ein- und Auszahlungen vorhanden".

Banken, die kein Bargeld wollen. Die neue Normalität unserer Finanzinstitute. Die klassischen Banken und Bezahlsysteme verschwinden langsam aus der Finanzwelt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das HR-Fernsehen am 11.10.2023 um 20:15 Uhr in der Sendung "mex. das marktmagazin".