Geldinstitute unter Druck Angst vor der nächsten Bankenkrise

Stand: 06.10.2011 21:03 Uhr

Die Banken sind wieder ins Straucheln geraten. Die staatlichen Schuldenberge lassen die Angst vor einer neuen Krise der Geldinstitute wachsen. Kreditraten staatlicher Schuldner könnten ausbleiben, Sicherheiten fehlen. Die EZB will mit Kapitalspritzen helfen, nur - ob das reicht?

Von Oliver Feldforth, HR

Was wurde sie angegiftet, viele sprachen ihr sogar die fachliche Kompetenz ab. Gerade mal fünf Wochen ist es her, dass die frisch gebackene Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, warnte, die Weltwirtschaft sei in einer gefährlichen neuen Phase und die europäischen Banken seien nur unzureichend gerüstet. Ihnen würden 200 Milliarden Euro Eigenkapital, also Sicherheiten fehlen.

"Alles Unfug", riefen Europas Politiker und Bankmanager im Chor. Schließlich hätten die Banken doch im Vorfeld des letzten Stresstests schon 50 Milliarden Euro an Eigenkapital neu aufgenommen, so Michael Kemmer, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes deutscher Banken. Doch es reicht offensichtlich nicht, der Risiko-Puffer ist nicht groß genug.

Droht jetzt ein Flächenbrand?

Denn jetzt brach für kurze Zeit Bankenpanik aus. Die belgisch-französische Dexia verliert zeitweise ein Drittel ihres Wertes. Sie hat offenbar sehr stark in südeuropäische Staatsanleihen investiert. Wenn aber die staatlichen Schuldner selbst klamm sind, können sie ihre Kredite nicht rechtzeitig zurückzahlen. Und schon hat auch die Bank ein großes Problem.

Ein Teufelskreis, der sich auch darin zeigt, dass die Versicherungen gegen Kreditausfälle teurer werden und die Banken sich untereinander weniger Geld leihen - es riecht erneut nach Bankenkrise. Die Dexia Bank soll jetzt aufgespalten und in Teilen verstaatlicht werden. Die Politiker Frankreichs und Belgiens beeilen sich zu betonen, dass die Einlagen bei der Dexia sicher seien. Die Angst vor einem Flächenbrand geht um.

Bei der Société Générale hatten kürzlich schon Gerüchte gereicht, um den Aktienkurs abstürzen zu lassen.

Sorgen um Italien

Große Sorgen machen sich die Finanzexperten auch um Italien. Das Land wurde von mehreren Ratingagenturen herabgestuft, sieben Banken ebenso. Italien ist mit 120 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung extrem verschuldet und das vor allem bei den einheimischen Banken, deren Aktienkurse im Keller sind.

Das zeige, so der Bankenanalyst Dieter Hein, dass Banken das Misstrauen der Märkte immer dann zu spüren bekämen, wenn ihre staatlichen Schuldner straucheln würden. Im Falle Italiens sei in den Börsenkursen der Banken "eine Staatspleite bereits eingepreist", so Hein.

Experten: Schuldenschnitt in Griechenland unvermeidbar

Bei Griechenland sagen inzwischen die meisten Finanzexperten klar, das Land sei pleite, ein Schuldenschnitt unvermeidbar. Doch dann müsste man die griechischen Banken vor dem Untergang bewahren: Sie haben dem Staat so viel Geld geliehen, dass sie selbst vor dem Aus stünden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchte denn auch Anfang der Woche in Brüssel zu beruhigen. Kapitalspritzen für alle notleidenden Banken seien möglich. Man brauche einheitliche Kriterien, die Zeit dränge.

Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso kündigte eine EU-weit koordinierte Rekapitalisierung europäischer Banken an. Durch eine gemeinsame Aktion der Mitgliedsländer solle es angeschlagenen Kreditinstituten trotz Schuldenkrise ermöglicht werden, "Schrottpapiere in ihrem Besitz loszuwerden", sagte Barroso in Brüssel.

Ein neuer Stresstest?

Doch wie den Zustand der Banken überprüfen? Gerüchte kamen auf, ein neuer Stresstest würde kommen. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) sagt dazu klar "Nein", will keine neuen Stresstests abhalten. "Die EBA sieht sich die Kapitalpositionen der Banken an", teilte die Aufsicht mit. Ohne Stresstest ist die Frage nach den einheitlichen Kriterien wieder offen, auch für die deutschen Banken. Denn auch sie geraten unter Druck. Für etwa 40 Milliarden Euro haben deutsche Geldhäuser Staatsanleihen aus Griechenland, Irland und Portugal in ihren Kellern liegen, aus Italien und Spanien noch viel mehr. Auch wenn die nicht alle ausfallen werden, schlummern dort noch hohe Risiken.

EZB-Angebot für die Banken

Jetzt bietet EZB-Chef Trichet, quasi zum Abschied aus Frankfurt am Main, den Geschäftsbanken zwei Möglichkeiten an, frisches Geld zu kommen: Sie können sich zu niedrigen Zinsen bei der europäischen Zentralbank für ein Jahr Geld leihen oder aber Pfandbriefe der EZB überlassen und im Gegenzug Liquidität zu erhalten. Ob das reicht, um die Märkte zu beruhigen?

Wenn die Politiker Europas nicht eine klare Regelung finden, die auch für die Zukunft transparent macht, welche Bank von den Staaten unterstützt werden kann und welche nicht, dann wird die Unruhe an den Finanzmärkten vermutlich noch zunehmen.