Argentinien blockiert offenbar Import von EU-Produkten Rotkohl und Vollkornbrot in der Warteschleife

Stand: 08.07.2010 15:21 Uhr

Die Handelsbeziehungen zwischen Argentinien und der EU sind derzeit offenbar getrübt. Europäische Unternehmen klagen, dass Container mit ihren Produkten absichtlich im Zollamt zurückgehalten werden. Grund sei die Förderung heimischer Produkte.

Von Gottfried Stein, Buenos Aires

Von Gottfried Stein, ARD-Hörfunkstudio Buenos Aires 

Ein Einkaufszentrum in Buenos Aires. Der Besitzer ist deutscher Herkunft. Deshalb gibt es hier Produkte wie Vollkornbrot oder Rotkohl, die normalerweise in Argentinien nicht im Handel sind. Aber seit Wochen sind die Regale mit deutschen Spezialitäten leer.

"Offiziell gibt es kein Dekret oder Gesetz, das die Importe von Produkten aus dem europäischen Markt verbietet", erzählt Marcelo Guckenheimer, Vizepräsident der deutsch-argentinischen Industrie- und Handelskammer. "Aber wir wissen, dass es einige "Vorschläge" gab,  das Ausmaß dieser Importe etwas zu senken. Die Regierung versucht, den einheimischen Produkten Vorrang zu gewähren, die einheimische Produktion zu fördern, den nationalen Konsum anzuspornen." 

Gottfried Stein, G. Stein, ARD Buenos Aires, 08.07.2010 11:45 Uhr

Argentinien bestreitet Importbeschränkungen

Unternehmen aus ganz Europa klagen, dass Container mit Lebensmitteln oder anderen Konsumgütern seit Monaten im Zollamt willkürlich zurückgehalten werden und Kosten in Millionenhöhe verursachen. Die EU ist bereits bei der argentinischen Regierung vorstellig geworden, die allerdings jegliche Importbeschränkungen bestreitet. "Wenn sich die Regierungen beklagen, dann nur, weil es Druck auf sie gab oder weil von Seiten der Unternehmer Anfragen kamen", sagt Wirtschaftsminister Amando Boudou.

Experten sagen, die nach internationalen Regeln unzulässigen Schikanen passierten auf Druck der Gewerkschaften und auf Anordnung des Staatssekretärs für Binnenhandel, Guillermo Moreno. Der wiederum führe die Weisung der Regierung aus. "So legt sie manchmal indirekt nahe, weniger von jenen Produkten zu importieren, die auch im Land hergestellt werden", berichtet Marcelo Guckenheimer weiter. "Die Frage  der nicht automatischen oder automatischen Import-Lizenzen verzögert sich manchmal wegen bürokratischer Hindernisse. Der Einfluss ist minimal, aber die Regierung hütet jeden Dollar. Sie möchte einen größeren Überschuss bei den Einnahmen erzielen." 

Importe haben deutlich zugenommen

Tatsächlich haben die Importe im ersten Halbjahr gegenüber den Exporten deutlich zugenommen, und der Dollarkurs ist erheblich gestiegen. Fausto Spotorno, Wirtschaftsexperte aus Buenos Aires, sagt dazu: "Die Regierung möchte bis zum Jahresende einen Handelsbilanzüberschuss von 13 Milliarden erzielen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu erreichen, entweder wir verringern die Käufe oder wir erhöhen die Verkäufe. Wir sind für eine Steigerung der Verkäufe, also einen Exportanstieg." 

Es ist ein Spiel mit dem Feuer, denn es geht nicht nur um Delikatessen. Im vergangenen Jahr hat die Regierung die Einfuhr von rund 500 Produkten wie Spielzeug, elektrische Haushaltsgeräte oder Autozubehör dermaßen gedrosselt, dass sich der Handel zum Beispiel mit China um über 700 Millionen Dollar reduziert hat. Und die EU droht bereits damit, die kürzlich beschlossene Wiederaufnahme der Gespräche mit den Ländern des südamerikanischen Wirtschaftsverbunds Mercosur abzusagen.