Vorerst kein Notkredit für Handelskonzern Arcandor kämpft weiter um Staatshilfe

Stand: 09.06.2009 01:07 Uhr

Die Bundesregierung hat den Antrag des angeschlagenen Handels- und Touristikunternehmens Arcandor auf eine Rettungsbeihilfe in Höhe von 437 Millionen Euro vorerst abgelehnt. Der Konzern muss nun nachbessern. Im Laufe des Tages will er einen neuen Antrag einreichen.

Der Bund lehnt einen Notkredit für das ums Überleben kämpfende Touristik- und Handelsunternehmen Arcandor zunächst ab. Das Unternehmen habe zur Kenntnis genommen, dass eine Rettungsbürgschaft nur dann gewährt werde, wenn Eigentümer, Banken und Vermieter noch weitergehende Zusagen machten, teilte Arcandor mit.

Das Bundeswirtschaftsministerium begründete die ablehnende Haltung des Bundes damit, dass der Arcandor-Antrag den Anforderungen nicht entsprochen habe. "Es bleibt den Unternehmen unbenommen, kurzfristig einen neuen, substanziell verbesserten Antrag" einzureichen, teilte das Ministerium mit. Diese Verbesserungen sollten insbesondere für die vorab zu erbringenden Leistungen der Gesellschafter, der Banken und der Vermieter gelten. Eine genaue Frist für einen neuen Antrag wurde nicht genannt.

Neuer Antrag im Laufe des Tages

Bisher hatten die Arcandor-Hauptaktionäre, Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und Sal. Oppenheim, ihre Bereitschaft erklärt, sich an einer Kapitalerhöhung um 150 Millionen Euro gemäß ihrer Konzernanteile zu beteiligen. Der Arcandor-Vorstand wird laut Unternehmensangaben noch am Abend und am Dienstagmorgen Gespräche mit den Beteiligten suchen und dann am Vormittag dem Bund einen neuen Antrag vorlegen. "Wir brauchen eine Entscheidung bis Mittwoch", sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski auf die Frage, wie lange Arcandor noch einen Insolvenzantrag hinauszögern könne.

Eine so genannte Rettungsbeihilfe ist die letzte Hoffnung der Karstadt- und Quelle-Mutter auf staatliche Hilfe. Arcandor hatte einen Notkredit in Höhe von 437 Millionen Euro beantragt. Der Konzern hatte durchblicken lassen, dass ohne diese Nothilfe eine Insolvenz von Arcandor unausweichlich sei. Der Bund hatte ein stärkeres Engagement auch der Eigentümer und Gläubiger von Arcandor sowie der Vermieter bei der Sanierung des Konzerns verlangt.

Rettungsbeihilfe

Auf der Suche nach neuen Geldquellen bemühte sich Arcandor zuletzt um einen staatlichen Notkredit. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Zuweisungsgeschäft: Die Bundesregierung kann die staatseigene KfW anweisen, einen Kredit zu gewähren. Die EU-Kommission muss die Staatshilfe genehmigen und kann Auflagen machen.
Eine Unterstützung Arcandors aus dem sogenannten Deutschlandfonds, den die Regierung mit dem zweiten Konjunkturpaket aufgelegt hat, kommt für Karstadt nicht infrage: Eine Bedingung dafür ist nämlich, dass die Probleme des Unternehmens erst mit der Wirtschaftskrise im August 2008 begonnen haben.

Keine Hilfen aus dem Deutschlandfonds

Zuvor hatte der Lenkungsausschuss Hilfen aus dem sogenannten Deutschlandsfonds für Arcandor ebenfalls eine Absage erteilt. Wirtschaftsprüfer, Experten sowie der Bund und die EU-Kommission sehen dafür wichtige Kriterien nicht erfüllt: Sie bezweifeln, dass Arcandor erst durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise in Schieflage geraten ist. Arcandor hatte sich eine Staatsbürgschaft in Höhe von 650 Millionen Euro und einen Kredit über 200 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsfonds erhofft, den die Bundesregierung mit dem zweiten Konjunkturpaket aufgelegt hatte.

Verwirrung um Warenhaus AG

Ungewiss ist auch, was aus den Überlegungen für ein Zusammengehen der Warenhaus-Ketten Karstadt und Kaufhof wird. Nach einem Krisengipfel zwischen Arcandor und der Kaufhof-Mutter Metro gab es Verwirrung statt der erhofften Klarheit. Metro teilte zunächst mit, man habe sich auf konkrete Gespräche zur Bildung einer Deutschen Warenhaus AG verständigt. Wenig später wurde die Formulierung abgeschwächt. Nun heißt es lediglich, alle Beteiligten hätten einen konstruktiven Beitrag zugesagt. Die Gespräche sollten "kurzfristig fortgesetzt" werden, hieß es in der Mitteilung. Zu Ort und Zeit der nächsten Gesprächsrunde wurde Stillschweigen vereinbart.

Angesichts einer drohenden Insolvenz sucht die Karstadt-Mutter Arcandor nach Lösungen. Metro hatte sich im Vorfeld bereit erklärt, 60 von 90 Filialen der Karstadt-Kette zu übernehmen. Karstadt und Kaufhof haben zusammen mehr als 50.000 Beschäftigte. Diese befürchten durch die Fusion zahlreiche Stellenstreichungen. An vielen Orten demonstrierten sie deshalb für einen Erhalt der Karstadt-Kaufhäuser.