Windspitzen und Regensummen am Freitag

Wetterthema Sturm und Regen im Norden

Stand: 19.10.2023 10:59 Uhr

Der Freitag hat in Norddeutschland in Sachen Wetter einiges zu bieten. Aus meteorologischer Sicht wird er interessant verlaufen, für den weniger interessierten Bürger jedoch ungemütlich.

Von Ingo Bertram, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Am Freitagmittag liegt ein kräftiges Hoch über Skandinavien mit einem Luftdruck von knapp 1030 hPa. Zugleich befindet sich ein ebenfalls kräftiges Tief über England. Dort wird ein Luftdruck von unter 970 hPa erwartet. Zwischen diesen beiden Druckgebilden herrscht dann ein großer Druckunterschied auf relativ kurzer Distanz. Die Natur ist immer um einen Ausgleich bemüht. Im Falle von Druckunterschieden bewerkstelligt das der Wind. Er wird über der offenen See in Böen Windstärke 12, also Orkanstärke erreichen. Aber auch an den Küsten von Rügen und Fehmarn sind Orkanböen von etwa 120 km/h möglich. Schwere Sturmböen, also Böen der Windstärke 10, werden an den Küsten verbreitet vorkommen. Diese erreichen Geschwindigkeiten um 100 km/h. Das Ungewöhnliche hierbei ist nicht die Windstärke, sondern die Windrichtung. Stürme wehen in Europa normalerweise aus westlichen Richtungen, mal mehr aus Südwest, mal auch aus Nordwest. Am Freitag kommt er aber aus Osten. Damit ist an den nach Osten offenen Küstenabschnitten der Ostsee mit einem ungewöhnlichen Hochwasser zu rechnen. Der Sturm wird das Wasser in einige Buchten regelrecht reindrücken, wie beispielsweise in die Flensburger Förde, bei Eckernförde oder am Timmendorfer Strand. Dazu ist für Ostseeverhältnisse mit einer ungewöhnlich hohen Brandung zu rechnen. Die Wellen dürften an vielen Küstenabschnitten 2 bis 3 Meter hoch sein. Die Ostküste von Rügen wird voraussichtlich von bis zu 5 Meter hohen Wellen getroffen. Am Freitag erleben Küstenabschnitte eine Sturmflut mit hoher Brandung, an denen man das nicht gewohnt ist. Dadurch wird dieses Wetterereignis zu etwas Besonderem. An der Nordsee passiert das Gegenteil. Dort wird das Wasser vom Land weggedrückt, es ist mit einer ungewöhnlich tiefen Ebbe zu rechnen.

Der Wind ist nicht das einzige Wetterelement des Freitags. Zugleich wird es im Norden Deutschlands ordentlich schütten. In Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern ist verbreitet mit 20 bis 30 Litern pro Quadratmeter zu rechnen, stellenweise mit noch mehr. Der Sturm wird den reichlich fallenden Regen zum Teil nahezu waagerecht vor sich her peitschen. Ein Aufenthalt im Freien wäre also sehr ungemütlich. Eine winterliche und somit sehr viel extremere Ausgabe dieser Wetterlage wäre im Übrigen auch denkbar, sie hat es Ende Dezember 1978 nämlich gegeben. Damals herrschte an den deutschen Küsten ebenfalls voller Oststurm, dazu sank die Temperatur am Silvestertag selbst an den Küsten auf nahe -10 Grad und es schneite extrem viel. In Schleswig lag der Schnee nach dem Ereignis 60 Zentimeter hoch und er war derart vom Wind zusammengepresst, dass sich die Schneehöhe über Tage kaum änderte. In Schneeverwehungen türmte sich die weiße Pracht in Norddeutschland damals mehrere Meter hoch auf.

Die Option auf Schnee am Samstag ist aus den Vorhersagemodellen inzwischen übrigens vollständig verschwunden. Am Dienstag hatte die Mehrheit der Modelle zumindest für Norddeutschland noch Schneeregen angezeigt.