Schrittspannung bei einem Blitzeinschlag für eine Kuh und einen Menschen

Gefahren bei Gewitter Wenn der Blitz einschlägt

Stand: 15.08.2023 10:24 Uhr

Jedes Jahr schlagen in Deutschland etwa 2 bis 3 Blitze pro Quadratkilometer ein. Doch was passiert an der Einschlagsstelle und was sollte man zur eigenen Sicherheit bedenken?

Von Ingo Bertram, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Bei Blitzeinschlägen wird an der Einschlagsstelle in kurzer Zeit viel Energie umgesetzt, wodurch sich brennbare Materialien entzünden. Deshalb können Dachstühle Feuer fangen oder Waldbrände ausgelöst werden. Enthält ein getroffener Baum viel Wasser, verdunstet selbiges explosionsartig und der Baum wird auseinandergerissen. In sandigem Boden entstehen durch kurzzeitiges Einschmelzen des Sands bei Temperaturen von bis zu 30.000 Grad sogenannte Blitzröhren (Fulgurite). Die Röhren haben einen Durchmesser von etwa 2 Zentimetern und sind oft mehrere Meter lang.

Indirekte Sachschäden entstehen an elektrischen Geräten. Nach Blitzschlägen in der Nachbarschaft sind häufig Telefone, Fernseher, Computer und andere Geräte kaputt, obwohl der Blitzstrom selbst nicht durch sie hindurchgeflossen ist. Hierbei handelt es sich um eine Fernwirkung des Blitzes. Schlägt ein Blitz in der Nähe ein, verursacht sein Magnetfeld durch Induktion Spannungen in den Stromleitungen des Hauses. Zum Schutz der Geräte sollte man bei Gewittern die Stecker aus den Steckdosen ziehen.

In Deutschland werden jährlich etwa 200 Menschen vom Blitz getroffen, wovon etwa 7 Blitzschläge tödlich verlaufen. Früher war diese Zahl jedoch deutlich höher. Noch vor 200 Jahren starben in Deutschland jährlich etwa 300 Menschen durch Blitze. Damals war man noch zu Fuß oder in Pferdekutschen unterwegs, während man in den heute genutzten Verkehrsmitteln den Schutz eines Faraday’schen Käfigs genießt. Der weitaus größte Teil des Blitzstroms fließt nicht durch den Menschen hindurch, sondern auf der Körperoberfläche ab, wodurch Brandspuren auf der Haut entstehen und Kleider aufgerissen werden. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass vom Blitz Getroffene oftmals überleben. Bei einem Einschlag sind Nerven und Muskeln besonders betroffen, da sie wegen ihres hohen Wassergehalts dem Strom nur wenig Widerstand entgegensetzen. In einigen Fällen kommt es zu Herzkammerflimmern, einem Herzstillstand oder zur Atemlähmung. Desweiteren werden Gehirnschädigungen und Schäden des zentralen Nervensystems, Seh- und Gehörstörungen sowie Bewusstlosigkeit beobachtet.

Doch was ist zu beachten, um die Gefahr eines Blitzschlags zu verringern? Blitze treffen vorzugsweise exponierte Orte. Deshalb sollte man Gipfel, Grate, Kuppen und einzelne Bäume meiden. Die Berührung von elektrischen Leitern wie Stahlseilen ist gefährlich. Im Wasser wird der Blitzstrom von der Einschlagsstelle weg abgeleitet und kann einem Schwimmer auch in 50 Metern Entfernung noch gefährlich werden. Da Salzwasser den Strom besser leitet als Süßwasser, ist die Gefahr im Meer größer. Bei Gewitter sollte man also das Wasser verlassen. Je länger der Körper ist, umso größer ist der Spannungsabfall im Inneren und umso höher ist der Strom. Fische sind in der Regel sehr viel kleiner als ein Mensch und daher im Vorteil. Das ist der Grund, warum man nach einem Gewitter kaum tote Fische findet.

Ähnlich wie im Wasser verhält es sich auch an Land. Der Blitz verursacht an seiner Einschlagsstelle für kurze Zeit eine sehr hohe Ladungsdichte. Der nach außen hin abfließende Strom kann einem gefährlich werden, selbst wenn man nicht direkt vom Blitz getroffen wird. Dabei ist die eigene Schrittweite entscheidend, was unsere Abbildung verdeutlichen soll. Direkt am Einschlagsort entsteht eine sehr große Spannung (in der Abbildung mit Erdspannung bezeichnet), die in weiterer Entfernung trichterförmig abfällt. Befindet sich nun ein Lebewesen in diesem Spannungstrichter, so liegen an seinen Beinen unterschiedliche Spannungen an, die Spannungsdifferenz ist die sogenannte Schrittspannung. Sie ist umso größer, je größer die Schrittweite ist. Ein Mensch, der seine Füße eng beieinander hat, erfährt eine geringe Schrittspannung, wenn er läuft, ist sie größer. Besonders hoch ist sie jedoch bei einer Kuh. Eine höhere Schrittspannung hat einen größeren Stromfluss zur Folge. Deshalb sind Kühe auf der Weide besonders gefährdet, wenn es in der Nähe einen Blitzeinschlag gibt. Ähnlich wie im Wasser kann ein Blitz auch an Land in 50 Metern Entfernung noch gefährlich werden.

Wird man draußen von einem Gewitter überrascht, sollte man die Füße eng zusammenstellen, um die Schrittspannung gering zu halten, und man sollte sich in die Hocke begeben, damit man keinen exponierten Punkt darstellt. In den meisten Fällen muss man ein Gewitter nicht im Freien überstehen. Am sichersten ist man in Häusern mit geschlossenen Fenstern und Türen sowie in Autos. Offene Unterstände und Zelte sind unsicher. In großen Höhlen ist man vor direktem Blitzschlag gut geschützt. Günstig ist es auch, die Nähe hoher Gegenstände aufzusuchen. Dabei sollte man sich näher daran befinden als der Gegenstand hoch ist, aber wiederum nicht zu nah dran, da andernfalls bei einem Treffer der Blitz auf einen überspringen kann. Relativ sicher ist man in einem geschlossenen Wald, wobei der Abstand zu Baumstämmen und niedrigen Ästen größtmöglich, mindestens jedoch drei Meter sein sollte.