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Hackerangriffe Ex-Mossad-Chef fordert Regulierung des Cyberraums

Stand: 17.10.2023 17:00 Uhr

Der Ex-Mossad-Chef Pardo fordert, Cybertechnologien unter internationale Kontrolle zu bringen. Nur verbindliche Regeln könnten Schaden von der Welt abwenden. Zuletzt hatten Hackergruppen mit Angriffen auf Israel gedroht.

Von Benedikt Nabben und Sabina Wolf, BR

Der ehemalige Direktor des israelischen Auslandsnachrichtendienstes Mossad, Tamir Pardo, fordert die Gründung einer internationalen Cyber-Organisation, ähnlich der Internationalen Atomenergie-Organisation, IAEO. Sie überwacht die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags.

"Das Ergebnis war und ist, dass unser Planet noch existiert. Ich denke, wir müssen nach einer angemessenen Regulierung suchen. Dasselbe tun, was einst mit der Atomfrage geschah. Das ist unerlässlich, wenn es um Cyber geht."  Sonst, so Pardo, könnte der Welt großer Schaden zugefügt werden. 

Russische Hacker stehlen sensible Daten

Cyberangriffe würden immer intensiver und besser, bestätigt der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, gegenüber dem ARD-Politikmagazin Report München: "Wir empfinden die Cyber-Bedrohung als eine der stärksten Bedrohungen, der Deutschland ausgesetzt ist." Man nehme dies sehr ernst, so der BND-Chef.

Immer wieder nehmen Hackergruppen kritische Infrastruktur ins Visier. Häufig betroffen sind die baltischen Staaten. So gingen im Sommer 2022 nach wochenlangen Attacken die Webseiten mehrerer staatlicher Einrichtungen und privater Unternehmen in Litauen offline.

In Deutschland sind häufig Hochschulen, Unternehmen oder Kommunen von Attacken betroffen. Die Angreifer legen dabei einerseits zentrale Dienste lahm. Andererseits stehlen sie in der Regel auch große Mengen an sensiblen Daten.

Das Hackernetzwerk "Black Basta" etwa, dem eine Nähe zu russischen Geheimdiensten nachgesagt wird, stellt solche erbeuteten Daten im Darknet zur Schau, um Druck auszuüben. Auf der Seite "Basta News" präsentiert die Hackergruppe zahlreiche Dokumente deutscher Unternehmen, dies aus sensiblen Bereichen wie Hightech, Finanzen und Rüstung.

Unter den Daten finden sich nach Recherchen von Report München Personalausweise und Reisepässe von Mitarbeitern und Kunden, höchst sensible Verträge sowie Gesundheitsdaten wie Corona-Testergebnisse und Röntgenaufnahmen.

Betroffene wissen nichts vom Ausweisklau

ARD-Reporter haben die Echtheit der Daten anhand eines Personalausweises einer Familie aus dem Raum Augsburg überprüft. Als sie die angegebene Adresse aufsuchen, bestätigt ein Bewohner des Hauses die Echtheit der Ausweise: "Das ist mein Sohn. Und das ist meine Nichte." Er habe vor Jahren schon gehört, dass Hacker Daten erbeuteten. Doch es treffe einen erst dann, "wenn zum Beispiel Sie auftauchen und sagen, das ist passiert. Dann merkt man, wie nah das kommen kann."

Auf Anfrage verweist eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums darauf, dass die Neuausstellung eines Passes vor Ablauf der Gültigkeitsdauer zwar zulässig sei: "Die Empfehlung einer vorzeitigen (und gebührenpflichtigen) Neuausstellung eines Personalausweises/Reisepasses käme […] nur in Betracht, wenn für die Passinhaberin/den Passinhaber auch ein Vorteil entstehen würde. Dies ist jedoch für den in der Fragestellung genannten Fall allgemein nicht erkennbar." 

Experten widersprechen: Eine neue ID-Nummer im Ausweis würde zumindest erkennbar machen, dass der gestohlene Ausweis nicht mehr gültig ist.

BND-Präsident Kahl hält internationale Hackergruppen für hochprofessionell. Häufig würden sie nicht nur finanziell, sondern mit der "ganzen Infrastruktur" von Staaten unterstützt. Sowohl das chinesische als auch das russische Militär gehörten zu den großen Playern im Cyberkrieg. Zuletzt hatte das russischsprachige Hackerkollektiv "Killnet" mit Angriffen auf Regierungssysteme in Israel gedroht.

Die ARD-Dokumentation "Cyberwar. Die unsichtbare Schlacht im Netz" - ab sofort in der ARD-Mediathek.

Sabina Wolf, BR, tagesschau, 17.10.2023 18:05 Uhr